Kevin Spacey in Londoner Prozess um sexuelle Übergriffe freigesprochen
Auch in Großbritannien ist der US-Schauspieler Kevin Spacey von Vorwürfen sexueller Übergriffe in einem Gerichtsprozess freigesprochen worden. Nach knapp zwölfeinhalbstündigen Beratungen in London befanden die Geschworenen den zweifachen Oscar-Preisträger am Mittwoch in allen Anklagepunkten für nicht schuldig. Spacey, der am Mittwoch 64 Jahre alt wurde, wischte sich bei der Verkündung ein paar Tränen aus den Augen. Er hatte stets alle Vorwürfe zurückgewiesen.
"Ich bin der Jury enorm dankbar, dass sie sich die Zeit genommen hat, alle Beweise und Fakten sorgfältig zu untersuchen, bevor sie zu ihrer Entscheidung gekommen ist, und das heutige Ergebnis stimmt mich demütig", sagte Spacey Journalisten vor dem Gerichtssaal.
Der Strafprozess vor dem Southwark Crown Court hatte Ende Juni begonnen. Die Anklage warf Spacey sexuelle Übergriffe gegen vier Männer in den Jahren 2001 bis 2013 in London und in Gloucestershire im Südwesten Englands vor. Insgesamt wurden ihm zum Schluss noch neun Vergehen zur Last gelegt, darunter sexuelle Nötigung sowie nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen. Spacey war von 2004 bis 2015 künstlerischer Leiter des Londoner Theaters Old Vic.
Zu Beginn des Prozesses hatte die Anklage den Hollywoodstar als "sexuellen Tyrannen" beschrieben, der persönliche Grenzen und Distanz nicht respektiere und "dem es offenbar Spaß macht, wenn sich andere machtlos und unbehaglich fühlen". Der zweifache Oscar-Preisträger stritt seinerseits jegliches "aggressives" Verhalten ab und sprach von einvernehmlichem Sex. Einige Vorwürfe nannte er "frei erfunden".
Die vier Männer, deren Namen aus rechtlichen Gründen nicht genannt werden dürfen, sagten in dem Prozess ebenso aus wie Spacey selbst. Einer der Kläger hatte Spacey beschuldigt, ihm während einer Autofahrt so fest in den Schritt gegriffen zu haben, dass er fast von der Straße abkam. Spacey wies das als "Wahnsinn" zurück und hatte erklärt, es habe sich um eine "sanfte Geste" gehandelt. Als Zeuge der Verteidigung wurde auch Popstar Elton John aus Monaco zugeschaltet.
Dem Gericht hatte Spacey geschildert, wie seine Karriere zusammenbrach, als er 2017 zum ersten Mal vom US-Schauspieler Anthony Rapp in den USA wegen sexueller Übergriffe verklagt wurde. Binnen kurzer Zeit habe er "alles verloren", darunter auch seine Hauptrolle in der Netflix-Kultserie "House of Cards".
Rapp warf Spacey vor, ihn 1986 im Alter von 14 Jahren sexuell belästigt zu haben. Eine Strafanzeige von Rapp wurde in den USA abgewiesen, im anschließenden Zivilprozess in New York wurde Spacey freigesprochen. Ein weiteres Strafverfahren im US-Bundesstaat Massachusetts wurde im Juli 2019 eingestellt, weil das mutmaßliche Opfer die Aussage verweigerte.
Der Hollywood-Star wurde mit Filmen wie "Die üblichen Verdächtigen" und "American Beauty" weltbekannt, in letzterem spielt er einen Familienvater, der einer Jugendlichen Avancen macht.
In einem "Zeit"-Interview Mitte Juni hatte Spacey betont, dass er auf einen Freispruch und sein Comeback hoffe. Regisseure hätten ihm gesagt, dass sie mit ihm zusammenarbeiten wollten, es aber derzeit nicht könnten, sagte er in dem Interview.
"Wir leben in einer Zeit, in der viele Menschen fürchten, dass sie gecancelt werden, wenn sie mich unterstützen," sagte er weiter. "Aber sobald ich in London freigesprochen werde, werden mir bestimmte Leute wieder Rollen anbieten".
Spacey zählt zu einer Reihe von Stars, darunter Bill Cosby und R. Kelly, die sich im Zuge der #MeToo-Bewegung gegen sexualisierte Gewalt vor Gericht verantworten mussten. Im Gegensatz zu Cosby und R&B-Sänger Kelly wurde er jedoch noch nie verurteilt.
(V.Varonivska--DTZ)