Wirbel um Umgang von Schule in Florida mit Gedicht von Amanda Gorman
Der Umgang einer Schule im US-Bundesstaat Florida mit dem Gedicht der afroamerikanische Poetin Amanda Gorman zur Amtseinführung von Präsident Joe Biden hat für Wirbel gesorgt. Die 25-Jährige erklärte am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter, ihr Gedicht "The Hill We Climb" sei wegen einer Elternbeschwerde aus der Bibliothek einer Grundschule im Landkreise Miami-Dade "verbannt" worden. "Ich bin völlig fertig."
"Ein Elternteil konnte dafür sorgen, dass meine Poesie aus Klassenzimmern verbannt wird", schrieb Gorman, die mit dem Vortrag ihres Gedichts bei Bidens Amtseinführung Anfang 2021 international bekannt geworden war. "Aber ein Land kann nicht halbautomatische Gewehre verbannen, die sie (Schüler) massakrieren."
Die Schulbehörde von Miami Dade erklärte daraufhin, das Gedicht sei "nie aus einer unserer Schulen verbannt oder entfernt" worden. "Das Buch ist im Medienzentrum (der Schulbibliothek) als Teil der Sammlung für die mittleren Klassenstufen verfügbar."
Das Florida Freedom to Read Project, das den Vorfall öffentlich gemacht hatte, kritisierte diese Ausführungen ironisch als "was für eine sorgfältig formulierte Erklärung". "The Hill We Climb" und andere Bücher seien an der öffentlichen Grund- und Mittelschule der Gemeinde Miami Lakes im Großraum Miami nicht mehr für untere Klassenstufen zugänglich, nachdem ein Elternteil eine vollständige Entfernung gefordert habe. Ein Kompromiss, der den Zugang für einige Schüler einschränke, sei "immer noch Zensur."
Das Florida Freedom to Read Project, das sich gegen die Verbannung von Büchern aus Schulbibliotheken in Florida einsetzt, hatte den Umgang der Schule mit "The Hill We Climb" publik gemacht. Demnach hatte ein Elternteil beantragt, das Buch aus der Schulbibliothek zu entfernen, weil es keinen erzieherischen Wert habe und "indirekte Hassbotschaften" enthalte.
"Es erzeugt Verwirrung und indoktriniert Schüler", schrieb das Elternteil in einem Antrag. In dem entsprechenden Dokument gibt das Elternteil irrtümlich die berühmte Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey anstelle von Gorman als Autorin des Werkes an.
In Florida und anderen US-Bundesstaaten werden auf Antrag konservativer Eltern immer wieder Bücher aus Schulbibliotheken entfernt. Dabei geht es häufig um Werke, die sich mit Themen wie Geschichte, Rassismus und Sexualität befassen. Kritiker beklagen Zensur.
Zugleich hat Florida unter Gouverneur Ron DeSantis, der am Mittwochabend seine Präsidentschaftsbewerbung verkünden wollte, ein Gesetz beschlossen, das Unterricht zu sexueller Orientierung und Geschlechtsorientierung verbietet. Kritiker bezeichnen das umstrittene Gesetz als "Don't Say Gay"-Gesetz ("Sag nicht schwul"-Gesetz).
Gorman hatte "The Hill We Climb" ("Der Berg, den wir besteigen") am 20. Januar 2021 bei Bidens Vereidigung vor dem US-Kongress vorgetragen und war mit ihrem Auftritt zum Star der Amtseinführung geworden. Das Gedicht ist ein eindringlichen Aufruf zu Einigkeit und Versöhnung, der zugleich einen kritischen Blick auf die Geschichte der USA wirft.
(V.Sørensen--DTZ)