Deutsche Tageszeitung - Zehneinhalb Jahre Haft für Narkosearzt nach Tod von Vierjähriger in Zahnarztpraxis

Zehneinhalb Jahre Haft für Narkosearzt nach Tod von Vierjähriger in Zahnarztpraxis


Zehneinhalb Jahre Haft für Narkosearzt nach Tod von Vierjähriger in Zahnarztpraxis
Zehneinhalb Jahre Haft für Narkosearzt nach Tod von Vierjähriger in Zahnarztpraxis / Foto: © AFP/Archiv

Nach dem Tod einer Vierjährigen bei einer Behandlung in einer Zahnarztpraxis in Hessen hat das Landgericht in Frankfurt am Main den verantwortlichen Narkosearzt zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Die zuständige Kammer sah es nach Angaben eines Gerichtssprechers am Freitag als erwiesen an, dass der Mediziner elementare Hygienestandards missachtet und dadurch mehrere behandelte Kinder geschädigt hatte. Die Vierjährige starb an einem verunreinigten Narkosemittel, drei weitere Kinder mussten wegen Blutvergiftungen behandelt werden.

Textgröße ändern:

Das Gericht verurteilte den Arzt deshalb wegen Totschlags durch Unterlassen sowie dreifachen versuchten Totschlags durch Unterlassen sowie gefährlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Verfahren gegen den beim Prozessauftakt im August 67-jährigen Angeklagten auf eine Verurteilung wegen eines Mordes durch Unterlassen plädiert. Die Verteidigung sprach sich dagegen für eine Strafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge aus.

Angeklagt war der Fall ursprünglich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung. Während der Beweisaufnahme traten aber neue Erkenntnisse zutage, die das Gericht nach Angaben des Sprechers zu einem sogenannten rechtlichen Hinweis veranlassten. Demnach hielt es von nun an auch eine Verurteilung wegen Totschlags für möglich.

Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Verurteilung wegen Mordes war demnach schon aus juristischen Gründen nicht möglich, weil dem Arzt und der Verteidigung in dem Prozess zuvor kein entsprechender rechtlicher Hinweis erteilt worden war. Das Gericht sah die Voraussetzungen dafür aber auch unabhängig davon nicht als erfüllt an. Mordmerkmale wie das Handeln in Verdeckungsabsicht oder niedrige Beweggründe ließen sich nicht belegen.

Das Geschehen hatte sich vor rund drei Jahren in einer Zahnarztpraxis im hessischen Kronberg zugetragen. Dort spritzte der Anästhesist vier Kindern ein Narkosemittel, das er laut Anklageschrift mehrfach verwendete und das deshalb massiv verunreinigt war. Die Kinder erlitten Blutvergiftungen, die Vierjährige starb. Die anderen drei Kinder mussten in Krankenhäusern behandelt werden, zwei davon lagen auf Intensivstationen.

Das Gericht verhängte am Freitag zudem ein Tätigkeitsverbot gegen den Arzt und sprach den Hinterbliebenen des toten Mädchens und den geschädigten anderen Kindern Schadenersatzansprüche zu. Einen Untersuchungshaftbefehl erließ es nicht. Laut Sprecher verwies die Kammer darauf, dass der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte auch zur Urteilsverkündung erschienen sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich.

(O.Zhukova--DTZ)

Empfohlen

Techniker Krankenkasse meldet Rekord bei Krankmeldungen

Der Krankenstand in Deutschland befindet sich weiter auf einem hohen Niveau. Nach einer am Montag veröffentlichten Auswertung der Techniker Krankenkasse bei den eigenen Versicherten waren diese von Januar bis inklusive November im Schnitt 17,7 Tage krankgeschrieben - das sein ein neues Rekordhoch. In den vergangenen beiden Jahren gab es im Vergleichszeitraum demnach 17,4 Fehltage, 2021 nur 13,2 Fehltage. Vor der Corona-Pandemie fehlten TK-Versicherte 14,1 Tage in den ersten elf Monaten.

Bundesrat billigt höheren Beitrag zur Pflegeversicherung

Der Beitrag zur Pflegeversicherung steigt im kommenden Jahr um 0,2 Prozentpunkte. Der Bundesrat stimmte am Freitag in Berlin der Verordnung der Bundesregierung zu. Damit sollen Finanzlücken in den Pflegekassen geschlossen werden.

Brasiliens Präsident Lula kehrt nach Operationen am Kopf nach Brasília zurück

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva ist nach Operationen am Kopf am Donnerstag in die Hauptstadt Brasília zurückgekehrt, um dort seine Amtsgeschäfte wieder aufzunehmen. Eine letzte Untersuchung nach den Eingriffen sei "sehr befriedigend" verlaufen, Lula gehe es gut, sagte der Arzt des Präsidenten, Roberto Kalil, vor Journalisten am Krankenhaus in Sao Paulo.

Kritiker bezeichnen Drogenpolitik unter Ampelregierung als unzureichend

In der Drogenhilfe aktive Verbände und Experten habe weitere Reformen in der Drogenpolitik gefordert. Zwar seien einige Fortschritte erkennbar, aber viele Vorhaben der Ampelkoalition seien "unzureichend umgesetzt", sagte der Suchtforscher und Vorsitzende des Akzept-Bundesverbands, Heino Stöver, am Mittwoch anlässlich der Veröffentlichung des sogenannten Alternativen Drogen- und Suchtberichts. Hierfür untersuchten Experten etwa die Teillegalisierung von Cannabis, Maßnahmen gegen Crack- und Opioidkonsum sowie das sogenannte Drugchecking.

Textgröße ändern: