Deutsche Tageszeitung - Organspenden: Länder starten Gesetzesinitiative für Widerspruchslösung

Organspenden: Länder starten Gesetzesinitiative für Widerspruchslösung


Organspenden: Länder starten Gesetzesinitiative für Widerspruchslösung
Organspenden: Länder starten Gesetzesinitiative für Widerspruchslösung / Foto: © AFP/Archiv

Neuer Anlauf für mehr Organspenden: Der Bundesrat hat beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Einführung der sogenannten Widerspruchslösung beim Bundestag einzubringen. Dafür stimmte am Freitag eine Mehrheit der Länder. Die Widerspruchslösung sei aufgrund zu geringer Transplantations-Zahlen "zwingend erforderlich", sagte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) in der Länderkammer. Diese sei "keine Zwangsverpflichtung - jede und jeder ist frei zu sagen, ich spende meine Organe nicht".

Textgröße ändern:

Das Recht des Einzelnen, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, bleibt in dem Ländervorschlag ausdrücklich unangetastet. Die Widerspruchslösung sähe aber vor, dass grundsätzlich jeder Mensch als Organspender gilt, wenn er nicht zu Lebzeiten einen Widerspruch geäußert hat. Der Widerspruch kann im Organspende-Register, einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder auf andere Art und Weise festgehalten werden.

Die Länder begründeten ihre Initiative mit der geringen Zahl an Organspenderinnen und -spendern: Diese stagniere seit über zehn Jahren auf niedrigem Niveau, heißt es in dem Entwurf. Im vergangenen Jahr hätten 8385 Betroffene auf ein Organ gewartet, gespendet worden seien jedoch nur 2877 Organe von 965 Menschen. Das im März 2024 in Betrieb gegangene Organspende-Register allein werde nicht zu einer spürbaren Verbesserung der Situation führen, warnen die Länder.

Der von acht Bundesländern initiierte Entwurf war bereits bei der letzten Bundesratssitzung Mitte Juni vorgestellt worden. Anschließend beriet der Gesundheitsausschuss der Länderkammer den Entwurf. Er geht nach der nun erfolgten Abstimmung an die Bundesregierung, welche ihn innerhalb von regelmäßig sechs Wochen mit einer Stellungnahme versieht und dann dem Bundestag zuleitet. Gesetzliche Fristen, wie schnell sich dieser mit dem Gesetzentwurf befassen muss, gibt es allerdings nicht.

Der Bundestag hatte bereits im Jahr 2020 über eine Widerspruchslösung abgestimmt, damals gab es aber keine Mehrheit dafür. Verabschiedet wurde dann das Modell zur so genannten Entscheidungslösung: Das heißt, jeder Mensch soll von sich aus dokumentieren, ob er Organe spenden will oder nicht.

Neben dem Bundesrat unternahm vergangene Woche auch eine fraktionsübergreifende Gruppe von Bundestagsabgeordneten einen neuen Anlauf für die Widerspruchslösung. Die Initiatorinnen und Initiatoren wollen ein Gesetzgebungsverfahren in Gang bringen, das im Frühjahr 2025 zu einem Gesetzesbeschluss führen soll.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte die beiden Initiativen für die Widerspruchslösung bereits begrüßt. Kritik kam hingegen von Patientenschützern und der FDP.

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

"Wir verlieren jeden Tag Leben": Lauterbach verteidigt Krankenhausreform

Vor der Abstimmung im Bundesrat am Freitag hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die geplante Krankenhausreform verteidigt. "Wir verlieren jeden Tag Leben, weil wir nicht genug spezialisiert sind", sagte er am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Daher seien Investitionen und auch Schließungen einzelner Kliniken nötig.

Urteil in Maskenstreit von Weimar: BGH bestätigt Bewährungsstrafe gegen Amtsrichter

Am Bundesgerichtshof (BGH) ist am Mittwoch ein langer Rechtsstreit aus der Pandemiezeit zu Ende gegangen. Der zweite Strafsenat in Karlsruhe bestätigte das Urteil gegen einen Amtsrichter aus dem thüringischen Weimar wegen Rechtsbeugung. Christian D. hatte demnach sein Richteramt missbraucht, als er im April 2021 im Eilverfahren an zwei Schulen die Coronaschutzmaßnahmen kippte. (Az. 2 StR 54/24)

Arbeitgeber sehen Eskalation in Tarifstreit für Ärzte an kommunalen Kliniken

Im Tarifstreit der Ärzte an kommunalen Kliniken in Deutschland haben die Arbeitgeber der Gewerkschaft Marburger Bund mit Blick auf die eingeleitete Urabstimmung eine Eskalation vorgeworfen. Statt rational zu schauen, was sinnvoll und machbar sei, werde die Eskalation gesucht, erklärte die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) am Dienstagabend. Die Gewerkschaft hatte zuvor eine Urabstimmung über Arbeitskampfmaßnahmen im kommenden Jahr beschlossen.

Pflegedauer verdoppelt sich im Schnitt - Höhere Kosten erwartet

Menschen in Deutschland sind immer länger pflegebedürftig. In den kommenden Jahren wird sich die durchschnittliche Pflegedauer nahezu verdoppeln, wie aus dem am Montag in Berlin veröffentlichten Pflegereport der Barmer-Krankenversicherung hervorgeht. Zudem wird die Pflege teurer. Wegen der gestiegenen Kosten mahnen die Barmer sowie Sozialverbände Reformen in der Pflege an. Patientenschützer fordern, dass der Staat mit Steuergeld einspringt.

Textgröße ändern: