Skandal um Blutkonserven: Britische Regierung stellt Entschädigungsplan vor
Im Skandal um verunreinigte Blutkonserven hat die britische Regierung einen Entschädigungsplan für die Opfer vorgestellt. Die Geschädigten sollen bald vorläufige Zahlungen von je 210.000 Pfund (245.000 Euro) erhalten, wie der für Finanzen zuständige Kabinettsminister von Premierminister Rishi Sunak, John Glen, am Dienstag im Parlament sagte. Tags zuvor hatte ein Untersuchungsbericht die jahrelange Vertuschung der Vorfälle dargelegt. Sunak hat die Betroffenen bereits offiziell um Entschuldigung gebeten.
Die Entschädigungen sollten noch "vor Ende des Jahres" ausgezahlt werden, sagte Glen. Viele Opfer fürchteten, das Geld nicht rechtzeitig zu erhalten, fügte Glen hinzu. "Jede Woche" sterben seinen Angaben zufolge weitere Betroffene. Die Entschädigung stehe aber auch Angehörigen zu, die sich um Menschen, die mit verunreinigten Blutkonserven infiziert wurden, kümmern. "Egal, was es kostet, wir werden bezahlen", versprach Glen.
Zur Gesamthöhe der Zahlungen machte die Regierung keine Angaben. Britischen Medien zufolge belaufen sich die Kosten auf zehn Milliarden Pfund.
Einige Opfer hatten 2022 nach der Veröffentlichung eines ersten Untersuchungsberichts bereits Entschädigungen in Höhe von jeweils 100.000 Pfund erhalten.
Mehr als 30.000 Menschen wurden laut dem am Montag vorgelegten Untersuchungsbericht mit Viren wie HIV oder Hepatitis infiziert, nachdem sie zwischen 1970 und Anfang der 90er Jahre Transfusionen mit verunreinigten Blutkonserven erhalten hatten. Betroffen waren Patienten, die etwa nach Unfällen oder wegen einer Operation eine Bluttransfusion brauchten oder Bluterkranke, die mit Blutplasma-Produkten behandelt wurden.
Etwa 3000 Menschen starben dem über 2500 Seiten langen Bericht zufolge, weitere Todesopfer in den kommenden Jahren sind zu erwarten. Viele Empfänger haben zudem mit lebenslangen Gesundheitsproblemen zu kämpfen.
Sunak hatte sich am Montag offiziell bei den Betroffenen entschuldigt. Die Ergebnisse des Berichts zu dem Skandal seien "eine Schande für den britischen Staat", sagte er vor dem Parlament. "Immer wieder hatten Leute in Macht- und Vertrauenspositionen die Möglichkeit, die Übertragung dieser Infektionen zu stoppen, und sie versagten", fügte Sunak hinzu.
Der Skandal gilt als die größte Gesundheitskatastrophe in der 80-jährigen Geschichte des britischen Gesundheitssystems NHS. Die Vorfälle sollen jahrelang vertuscht worden sein. Das Untersuchungsteam von Richter Brian Langstaff kam zu dem Schluss, dass in vielen Fällen Regierungen und Verantwortliche im Gesundheitsbereich nicht reagiert hätten, obwohl die Risiken einer Übertragung etwa von Aids seit den frühen 80er Jahren bekannt gewesen seien.
Blutspender seien nicht ordentlich untersucht und Blutprodukte aus dem Ausland importiert worden, unter anderem aus den USA, wo Blutspender bezahlt und auch Spenden von Drogensüchtigen und Gefängnisinsassen akzeptiert wurden. Dem Bericht zufolge gibt es zudem Beweise dafür, dass in den 90er Jahren durch die Vernichtung von Unterlagen versucht wurde, den Skandal zu vertuschen.
(P.Tomczyk--DTZ)