Prüfer bestätigten vergangenes Jahr 3221 Behandlungsfehler mit Schaden
Die Prüfer der gesetzlichen Krankenkassen haben im vergangenen Jahr 3221 Behandlungsfehler bestätigt, durch die Patienten vorübergehend oder dauerhaft geschädigt wurden. Das waren etwa so viel wie im Vorjahr, wie der Medizinische Dienst am Donnerstag in Berlin berichtete. Die Dunkelziffer ist allerdings deutlich höher: Experten gehen davon aus, dass es bei etwa einem Prozent aller Krankenhausfälle zu Behandlungsfehlern kommt. Nur etwa drei Prozent werden aber nachverfolgt.
Insgesamt gingen die Gutachter des Medizinischen Dienstes Bund im vergangenen Jahr 13.059 Patientenbeschwerden und Verdachtsfällen über mögliche Behandlungsfehler nach. In etwa jedem vierten Fall wiesen die Gutachter einen Behandlungsfehler mit Schaden nach. In jedem fünften Fall - das betraf 2696 Fälle - war der Fehler auch Ursache des erlittenen Schadens. Das ist wichtig für die Betroffenen, denn nur dann bestehen Chancen auf Schadenersatz.
Bei knapp zwei Dritteln dieser bestätigten Fälle waren die Gesundheitsschäden der Patientinnen und Patienten vorübergehend. Bei mehr als einem Drittel entstand ein Dauerschaden.
Ein leichter Dauerschaden kann zum Beispiel eine geringe Bewegungseinschränkung oder eine Narbe sein. Zu mittleren Schäden zählen chronische Schmerzen oder erhebliche Bewegungseinschränkungen. In rund drei Prozent der Fälle - das betraf 84 Menschen - führte ein Fehler zum Tod von Patienten.
Wie auch in den Vorjahren betrafen die meisten Fehlervorwürfe mit rund 30 Prozent die Orthopädie und Unfallchirurgie, mit etwa zwölf Prozent die Innere Medizin und Allgemeinmedizin sowie mit jeweils knapp neun Prozent die Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie die Geburtshilfe. Knapp acht Prozent der Vorwürfe betrafen die Zahnmedizin und rund sechs Prozent die Pflege.
Die Verdachtsfälle betreffen fehlerhafte Behandlungen bei Knie- und Hüftgelenksverschleiß ebenso wie Knochenbrüche, Gallensteinbehandlungen oder Zahnerkrankungen. Eine Häufung von Vorwürfen in einem Fachgebiet sagt dem Medizinischen Dienst zufolge aber nichts über die tatsächliche Fehlerquote oder die Sicherheit aus. Vielmehr könnten Patienten etwa Fehler bei chirurgischen Eingriffen besser erkennen.
Der Medizinische Dienst bekräftigte seine Forderung nach einer verpflichtenden Meldung solch schwerwiegender, aber gut vermeidbarer Vorfälle. Das sei internationaler Standard in der Patientensicherheit. "Es ist aus Patientensicht nicht hinnehmbar, dass Deutschland das nicht umsetzt", kritisierte MD-Geschäftsführer Stefan Gronemeyer.
Zu diesen so genannten Never Events gehören Patienten- und Seitenverwechslungen, schwerwiegende Medikationsfehler oder unbeabsichtigt zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen. 2022 erfasste der Medizinische Dienst 165 solcher vermeidbaren Ereignisse, 2021 waren dies 130 Fälle.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte einen Härtefallfonds für die Opfer von medizinischen Behandlungsfehlern, der bei tragischen Fehlern sofort greife. In der politischen Agenda der Ampel-Koalition fehle davon bisher "jede Spur", sagte Vorstand Eugen Brysch der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagausgabe). Auch ein bundeseinheitliches Zentralregister lasse auf sich warten. "Missstände lassen sich aber nur erkennen, wenn eine lückenlose Dokumentation erfolgt", sagte Brysch.
(L.Møller--DTZ)