Deutsche Tageszeitung - Studie: Tausende vermeidbare Todesfälle jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern

Studie: Tausende vermeidbare Todesfälle jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern


Studie: Tausende vermeidbare Todesfälle jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern
Studie: Tausende vermeidbare Todesfälle jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern / Foto: © AFP/Archiv

In deutschen Krankenhäusern sterben jedes Jahr tausende Patientinnen und Patienten nur deshalb, weil ihre Behandlung nicht den höchsten Qualitätsstandards entspricht. Die am Donnerstag in Berlin vorgestellte Analyse einer Regierungskommission beziffert die Zahl der vermeidbaren Todesfälle allein im Bereich der Schlaganfälle auf rund 5000 pro Jahr. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht sich durch die Befunde in seinem Plan bestärkt, im Klinikbereich stärker auf Spezialisierung zu setzen.

Textgröße ändern:

"Die Krankenhausreform wird zehntausende Menschenleben retten pro Jahr", sagte Lauterbach in Berlin. "Qualität rettet Leben." Komplizierte Eingriffe sollten künftig "ausschließlich in spezialisierten Kliniken und durch sehr gut qualifizierte Mediziner erfolgen", sagte er. "Nicht jedes Haus muss auch jede medizinische Behandlung anbieten."

Die Analyse kommt zu einem alarmierenden Kernbefund: Tausende Menschen könnten noch am Leben sein, wenn sie in einem besser ausgestatteten Krankenhaus behandelt worden wären. Der Leiter der Regierungskommission, Tom Bschor, sagte, die Analyse zeige, "dass im gegenwärtigen System Krebs- und Schlaganfall-Patientinnen und ‑Patienten früher sterben als nötig, weil zu viele Krankenhäuser diese Behandlungen durchführen". Nicht jede Klinik sei in der Lage, eine Behandlung auf höchstem Niveau anzubieten.

Der Medizinprofessor empfahl eine "Konzentration der Behandlungen auf erfahrene Kliniken, um flächendeckend und engmaschig eine exzellente Versorgung anzubieten". Dies ist einer der zentralen Punkte von Lauterbachs Reformplänen für das Krankenhauswesen, über die er seit Monaten mit den Ländern verhandelt.

Lauterbachs Ministerium brachte die Ergebnisse der Studie so auf den Punkt: "Werden komplizierte medizinische Behandlungen ausschließlich in dafür spezialisierten Kliniken durchgeführt, verbessert sich die Versorgungsqualität und häufig auch die Wahrscheinlichkeit, mehr Leben zu retten - etwa bei Schlaganfällen und Krebserkrankungen."

Neben dem Bereich Schlaganfall legt die Analyse einen Schwerpunkt auf die Behandlung von Krebskrankheiten. So hätten etwa Brustkrebs-Patientinnen einen fast 25 Prozent höheren Überlebensvorteil bei Erstbehandlung in einem zertifizierten Spezialkrankenhaus, heißt es in der Analyse.

Insgesamt könnten jährlich 20.404 Lebensjahre von Krebspatienten gerettet werden, würde die Behandlung in zertifizierten Häusern nach höchsten Standards stattfinden, schreibt die Kommission. Diese Kennzahl lasse sich nicht präzise in vermeidbare Todesfälle umrechnen, weil bei manchen Patienten das Leben nur um einige Monate, bei anderen um viele Jahre verlängert und bei dritten vielleicht Heilung erreicht werde.

Grundlage für die Analyse waren Daten der gesetzlichen Krankenversicherung, Qualitätsberichte der Krankenhäuser sowie Daten von medizinischen Registern und Fachgesellschaften. Auch der GKV-Spitzenverband, der AOK Bundesverband und das Wissenschaftliche Institut der AOK waren beteiligt.

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

Gesetzliche Krankenkassen melden Rekordausgaben für Medikamente

Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland haben im vergangenen Jahr so viel für Medikamente ausgeben müssen wie noch nie. Die Ausgaben erreichten laut einer Mitteilung des AOK-Bundesverbandes vom Dienstag einen Rekordwert von 54,0 Milliarden Euro. Damit stiegen die Kosten den Angaben zufolge innerhalb der vergangenen neun Jahre um 74 Prozent. Haupt-Kostentreiber sind patentgeschützte Arzneimittel, bei denen es zuletzt einen besonders hohen Preissprung gab.

Umfrage: 45 Prozent der Deutschen direkt oder indirekt von Depression betroffen

In Deutschland sind 45 Prozent der Menschen direkt oder indirekt von Depression betroffen. Das geht aus einer Umfrage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe hervor, die am Dienstag in Leipzig veröffentlicht wurde. Demnach leiden 24 Prozent der Erwachsenen selbst an einer Depression, während 26 Prozent als Angehörige betroffen sind. Bei fünf Prozent trifft beides zu.

Karlsruhe: Zwangsbehandlung von Betreuten darf ausnahmsweise ambulant stattfinden

Rechtlich betreute Menschen müssen nicht in jedem Fall stationär ins Krankenhaus, wenn sie zwangsweise medizinisch behandelt werden müssen. Die entsprechende gesetzliche Regelung ist zum Teil mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag entschied. Ausnahmen können demnach in bestimmten Fällen gemacht werden. (Az. 1 BvL 1/24)

Klinikum Lippe: Zertifiziertes Vorhofflimmer-Zentrum bietet Spitzenversorgung bei Volkskrankheit

Das Klinikum Lippe erhält Zertifizierung als Vorhofflimmer-Zentrum und informierte mit Expertenvorträgen über die häufige Herzrhythmusstörung.

Textgröße ändern: