Überparteiliche Gruppe legt Kompromissvorschlag zu Sterbehilfe vor
Eine überparteiliche Gruppe von Bundestagsabgeordneten hat einen Kompromissvorschlag für die Neuregelung der Sterbehilfe vorgelegt. Das Gesetz solle den "Respekt vor dem individuellen Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben" gesetzlich verankern und einen "verständlichen, klaren Rechtsrahmen" auf dem Weg zu Selbsttötung schaffen, sagte die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr am Dienstag in Berlin. Mit ihrem Antrag wollen die beteiligten Abgeordneten von SPD, Grünen, FDP und Linken verhindern, dass sich im Bundestag die Anhänger einer restriktiven Linie durchsetzen.
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast betonte, dass der Gesetzentwurf den Wunsch auf Sterben als "autonome selbstbestimmte Entscheidung" respektiere und die individuellen Motive für diesen Wunsch nicht bewerte. Das Gesetz solle lediglich "Leitplanken" für den Weg zur Selbsttötung aufstellen und einige Bedingungen formulieren.
So sollen ausschließlich volljährige Menschen Zugang zu Medikamenten zur Selbsttötung bekommen. Voraussetzung für die Verschreibung solcher Medikamente soll in der Regel eine Beratung bei einer fachlich qualifizierten Stelle sein, in der auch Alternativen zur Selbsttötung angesprochen werden. Die Verschreibung soll dann frühestens drei Wochen nach der Beratung - und maximal zwölf Wochen danach - möglich sein.
Die Verschreibung soll von einem Arzt kommen - oder, falls sich kein Arzt dafür findet, von einer vom jeweiligen Bundesland zu benennenden Behörde. Wegen dieser Landesbeteiligung wäre für die vorgeschlagene gesetzliche Regelung zur Suizidbeihilfe die Zustimmung des Bundesrats nötig, sagte der Grünen-Abgeordnete Till Steffen.
Geplant sei, dass der Bundestag in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause eine Entscheidung über das künftige Sterbehilfe-Modell trifft, sagte Steffen. Der Bundesrat würde sich dann nach der Sommerpause damit befassen.
Welcher Vorschlag im Plenum letztlich eine Mehrheit finde, sei schwer zu prognostizieren, sagte Helling-Plahr. Ihre eigene Gruppe sei aber "gut aufgestellt, was die Unterstützerzahl angeht".
Die Neuregelung der Sterbehilfe ist nötig, weil das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 die bisherige Regelung, die eine Strafbarkeit vorsah, kippte. Das neue Gesetz soll ohne Fraktionszwang erarbeitet und verabschiedet werden; Abgeordnete verschiedener Fraktionen arbeiten dabei in Gruppen zusammen.
Mit dem am Dienstag vorgestellten Modell wurden zwei im vergangenen Jahr vorgestellte Entwürfe zusammengeführt, um die Aussicht auf eine Mehrheit im Bundestag zu erhöhen. Der neue positioniert sich gegen einen restriktiveren Gesetzesentwurf einer Abgeordnetengruppe um den SPD-Politiker Lars Castellucci.
Der Castelucci-Vorschlag würde die Beihilfe nur unter strengen Bedingungen wie einer zweifachen ärztlichen Begutachtung ausnahmsweise erlauben und die sogenannte geschäftsmäßige Suizidassistenz erneut im Strafrecht verankern. Der am Dienstag vorgestellte Vorschlag sieht hingegen keine Verankerung der Sterbehilfe mehr im Strafrecht vor.
(P.Tomczyk--DTZ)