Ärztepräsident: Praxisübernahmen durch Finanzinvestoren nicht generell verbieten
Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aufgefordert, den Kauf von Arztpraxen durch Finanzinvestoren nicht generell zu verbieten. "Wir müssen das differenziert betrachten", sagte Reinhardt den RND-Zeitungen vom Donnerstag. Auf der einen Seite gebe es ganz offensichtlich Ärztinnen und Ärzte, die lieber in einer Anstellung arbeiteten. Andererseits werde es kritisch, wenn diese Mediziner unter hohem Renditedruck stünden.
Investitionen ins Gesundheitswesen seien nicht grundsätzlich negativ zu bewerten, betonte Reinhardt. In einigen Fachbereichen wie der Kardiologie könne die medizinische Technologie kaum noch durch einzelne Ärzte finanziert werden. Als negative Folge neben einem möglichen hohen Renditedruck nannte er eine Monopolisierung durch große Medizinische Versorgungszentren (MVZ). In einigen Regionen Deutschlands, beispielsweise in Oberbayern, hätten die Patienten bereits jetzt kaum Alternativen zu großen MVZ oder Ketten, die von Investoren betrieben werden. "Dieser Wildwuchs bereitet uns große Sorge. Hier muss gegengesteuert werden", sagte Reinhardt.
Der Ärztepräsident schlug mehrere Gesetzesänderungen vor, um Fehlentwicklungen und einen Missbrauch zu verhindern. Künftig sollten nur noch fachübergreifende Versorgungszentren zugelassen werden. Außerdem solle der Marktanteil der von Finanzinvestoren betriebenen MVZ in der Regel auf zehn Prozent begrenzt werden. An allen MVZ-Standorten solle zudem auf dem Praxisschild beziehungsweise im Internet-Auftritt der jeweilige Träger angegeben werden müssen. "Die Patienten haben ein Anrecht zu erfahren, wie die Besitzverhältnisse tatsächlich sind", sagte Reinhardt.
Gesundheitsminister Lauterbach hatte am Wochenende angekündigt, per Gesetz zu verbieten, dass Finanzinvestoren Arztpraxen übernehmen. "Ich schiebe einen Regel davor, dass Investoren mit absoluter Profitgier Arztpraxen aufkaufen", sagte er der "Bild am Sonntag". Es gebe "den fatalen Trend, dass Investoren medizinische Versorgungszentren mit unterschiedlichen Facharztpraxen aufkaufen, um sie anschließend mit maximalem Gewinn zu betreiben". Im ersten Quartal 2023 werde er deshalb einen Gesetzentwurf vorlegen.
(U.Beriyev--DTZ)