RKI ruft wegen mehrerer Fälle von Affenpocken in Europa zu Wachsamkeit auf
Wegen mehrerer Fälle von Affenpocken in europäischen Ländern hat das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag zu Wachsamkeit aufgerufen. Reiserückkehrer aus Westafrika sowie Männer, die Sex mit Männern haben, sollten bei ungewöhnlichen Hautveränderungen "unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen", erklärte das RKI. Nach ersten Fällen in Großbritannien meldeten auch Spanien, Portugal, Italien und Schweden sowie die USA und Kanada bestätigte Fälle und Verdachtsfälle.
Zu den Symptomen der Affenpocken beim Menschen gehören Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und ein Ausschlag, der oft im Gesicht beginnt und dann auf andere Körperteile übergreift. Die meisten Menschen erholen sich innerhalb mehrerer Wochen von der Krankheit, ein tödlicher Verlauf ist selten.
Üblicherweise wird die vor allem in Zentral- und Westafrika verbreitete Krankheit durch engen Kontakt mit infizierten Nagetieren übertragen. In Nigeria werden seit 2017 vermehrt Affenpocken-Infektionen bei Menschen diagnostiziert. Laut RKI sind Affen in den afrikanischen Endemiegebieten jedoch nicht die Reservoirtiere.
In Europa und Nordamerika tritt die Viruserkrankung nur selten auf. Die britischen Behörden haben seit dem 6. Mai aber neun Infektionsfälle registriert. Der erste Infektionsfall war nach einer Reise nach Nigeria aufgetreten. Alle weiteren Fälle wurden aber bei Menschen festgestellt, die vorher nicht gereist waren und auch keinen Kontakt zu infizierten Reiserückkehrern hatten.
"Diese neuen Fälle und die Berichte über Fälle in Ländern in ganz Europa bestätigen unsere anfänglichen Befürchtungen, dass es eine Übertragung der Affenpocken in der Bevölkerung geben könnte", sagte Susan Hopkins von der britischen Behörde für Gesundheitssicherheit (UKHSA).
Die EU-Gesundheitsbehörde (ECDC) kündigte für "Anfang nächster Woche" einen ersten Bericht zur Risikobewertung an. Sie verfolge die Situation genau und empfehle, "Verdachtsfälle zu isolieren, zu testen und umgehend zu melden".
In Portugal wurden laut RKI bei fünf Männern Affenpockeninfektionen bestätigt. Die Behörden hatten zunächst von 20 Verdachtsfällen in der Region Lissabon gesprochen, vor allem bei jungen Männern.
Die spanischen Gesundheitsbehörden stellten nach eigenen Angaben "23 mögliche Fälle von Affenpocken" fest. Alle Betroffenen hätten sich beim Sex angesteckt. Dabei habe es sich zumeist um schwule Männer gehandelt.
Italien meldete am Donnerstag einen ersten Fall. Es handele sich um einen jungen Mann, der kürzlich von den Kanarischen Inseln zurückgekehrt sei, teilte das Spallanzani-Institut für Infektionskrankheiten in Rom mit. Zwei weitere Verdachtsfälle würden untersucht.
Die schwedische Gesundheitsbehörde bestätigte einen Fall im Raum Stockholm. Wo sich die Person infiziert hat, werde noch untersucht.
In der kanadischen Provinz Québec untersuchten die Behörden Medienberichten zufolge mindestens 13 Verdachtsfälle von Affenpocken. Die Behörden im US-Bundesstaat Massachusetts stellten bei einem kürzlich aus Kanada zurückgekehrten Mann Affenpocken fest. Laut RKI sind Verbindungen zwischen den Fällen in den verschiedenen Ländern bislang nicht bekannt.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) infizierten sich bisher vor allem schwule oder bisexuelle Männer. "Wir sehen eine Übertragung unter Männern, die Sex mit Männern haben", sagte der stellvertretende Generaldirektor der WHO, Soce Fall, am Dienstag.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC erklärte: "Jeder, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, kann Affenpocken durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Wunden oder gemeinsam genutzte Gegenstände wie Kleidung und Bettwäsche verbreiten, die mit Flüssigkeiten oder Wunden eines Menschen mit Affenpocken kontaminiert wurden." Verunreinigte Oberflächen sollten demnach mit Desinfektionsmitteln gereinigt werden.
Unterdessen kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Übung zur Simulation einer Pockenpandemie an, die von den G7-Staaten und der WHO organisiert werde. Es gehe darum "zu erfahren, ob aus Fehlern der Vergangenheit effektive Lehren gezogen wurden", sagte Lauterbach. Bei der Übung werde davon ausgegangen, dass sich aus einem Leopardenbiss eine Pockenpandemie entwickeln könnte.
(L.Møller--DTZ)