Glücksmomente dank "Knuddel-Vorhang" für Altenheim-Bewohner in Brasilien
Mit einer kreativen Idee sorgt ein Altenheim in Brasiliens Millionenmetropole São Paulo dafür, dass seine Bewohner in Zeiten von Corona ihre Angehörigen nicht nur sprechen, sondern auch umarmen können: Sie installierten einen "Knuddel-Vorhang" - einen durchsichtigen Plastikvorhang mit eingesetzten Plastikärmeln, der Umarmungen von beiden Seiten zulässt. Schwarze Plastikhandschuhe, die bis zur Schulter reichen, geben zusätzlichen Schutz, und nach jedem Einsatz wird der Vorgang sorgfältig desinfiziert.
"Das fühlt sich echt gut an; ich habe sie so vermisst", sagte der 68-jährige pensionierte Beamte Silvio Nagat der Nachrichtenagentur AFP nach einer langen Umarmung mit seiner acht Jahre älteren Schwester Luiza Yassuko, die in dem Heim im Stadtteil Morumbi lebt. Sie habe sich wie eine Mutter um ihn und ihre zehn weiteren Geschwister gekümmert und deshalb nie geheiratet, erzählte Nagat. Deshalb habe es ihn besonders hart getroffen, dass er sie lange nicht besuchen durfte.
Die Idee sei ihnen gekommen, als klar geworden sei, dass Brasilien noch längere Zeit mit der Pandemie und den Beschränkungen werde leben müssen, erzählt Mairo Martins, eine der Physiotherapeutinnen des Heims. Nun könnten die alten Menschen buchstäblich spüren, dass sie geliebt würden.
"Es tut ihnen gut, aber uns auch; wir konnten schon so lange niemanden mehr umarmen", sagte der 51-jährige Besucher Murilo Meira, nachdem er die 90-jährige Bewohnerin Nair da Costa Marques mit der Hilfe einer Pflegerin fest an sich gedrückt hatte.
São Paulo mit seiner gleichnamigen Hauptstadt ist Brasiliens reichster Bundesstaat. Gleichzeitig aber ist er besonders hart von der Corona-Krise getroffen: Rund 173.000 Menschen steckten sich dort nach offiziellen Angaben mit dem neuartigen Virus an, über 10.500 starben an den Folgen. Mit landesweit über 43.000 Toten und rund 868.000 Infizierten ist Brasilien nach den USA das am schwersten von der Pandemie betroffene Land weltweit.
(Y.Leyard--DTZ)