Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland verlangsamt sich
Die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland verlangsamt sich. Allerdings sieht das Robert-Koch-Institut (RKI) noch keinen Grund zur Entwarnung oder Lockerung der strengen Alltagsbeschränkungen. Denn mit der nach wie vor wachsenden Zahl der Corona-Infektionen steigt auch die Sterberate, wie RKI-Präsident Lothar Wieler am Freitag in Berlin sagte. Die Nationale Akademie der Wissenschaften in Deutschland sprach sich unterdessen für den möglichst flächendeckenden Einsatz von Mund-Nasen-Schutz aus.
Mit den bis Freitag rund 80.000 gemeldeten Erkrankungsfällen und 1017 bekannten Todesfällen lag der Anteil der verstorbenen Corona-Patienten mittlerweile bei 1,2 Prozent. Dieser Anstieg war laut RKI zu erwarten. Viele Patienten mit der Lungenkrankheit Covid-19 würden zudem noch behandelt. "Wir müssen mit einem weiteren Anstieg der Sterberate rechnen", sagte Wieler. Er ging davon aus, dass die Zahl der Todesfälle insgesamt wahrscheinlich höher liegt als die Meldezahlen, weil nicht in jedem Fall auf Corona getestet werde.
Die gute Nachricht: Dem RKI zufolge reduziert sich die Geschwindigkeit der Ausbreitung der Corona-Infektionen. Die sogenannte Reproduktionsrate, die aussagt, wie viele Menschen von einem Menschen mit dem Virus angesteckt werden, sei durch die Kontaktverbote und strengen Einschränkungen im öffentlichen Leben "schon auf eins gedrückt worden", sagte Wieler. Dass bedeutet, dass derzeit ein Infizierter einen anderen Menschen ansteckt.
Ziel sei es, diesen statistischen Wert unter eins zu drücken, um die Epidemie einzudämmen. Er hoffe, dass dies "in den nächsten Tagen gelingt", sagte Wieler. Dafür müssten die Regeln weiter eingehalten werden.
Es gebe einen "ersten Trend", dass sich die Steigerungsraten abflachten, sagte auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im thüringischen Apfelstädt. Die Reproduktionsrate bewege sich Richtung eins. Ziel sei es, "darunter zu kommen".
Der RKI-Präsident warnte erneut davor, sich durch das Tragen einfacher Stoffmasken in einer "falschen Sicherheit" zu wiegen. Das sei "das Schlimmste, was passieren könnte", sagte Wieler. Die Menschen müssten weiter Abstand halten, sich an die Husten- und Niesregeln halten und die Händehygiene beachten.
Einfache Stoffmasken schützen nach Einschätzung des RKI nicht vor einer eigenen Ansteckung mit dem Coronavirus, könnten aber andere Menschen schützen. Grund dafür ist, dass sie die Geschwindigkeit der Tröpfchen mit Husten, Niesen oder Sprechen verringern können. Wissenschaftliche Belege gebe es dafür nicht. Die Masken könnten aber helfen, andere Menschen etwa im Supermarkt oder in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht anzustecken.
Nach Ansicht der Nationalen Akademie der Wissenschaften in Deutschland sollte eine schrittweise Lockerung der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie "mit dem flächendeckenden Tragen von Mund-Nasen-Schutz einhergehen". Dies solle "im gesamten öffentlichen Raum" gelten, also in Betrieben, Bildungseinrichtungen und im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, erklärte die Leopoldina.
"Mund-Nasen-Schutz reduziert die Übertragung von Viren, vor allem durch eine Reduktion der Tröpfcheninfektion", hieß es am Freitag in einer weiteren Ad-Hoc-Stellungnahme der Organisation. Wegen der Knappheit echter Schutzmasken solle dieser Schutz vorerst durch improvisierte, selbstgemachte Masken oder durch Schals oder Tücher angestrebt werden.
Laut dem Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, werden in Deutschland derzeit 2500 Covid-19-Patienten mit Beatmungsgeräten behandelt. Er hält die Kapazitäten in den kommenden zwei Wochen für ausreichend. Es seien noch gut zehntausend Beatmungsplätze frei, sagte Gaß in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart". Wieler sagte dazu, er sei "nicht sicher", dass die Kapazitäten am Ende reichten.
(A.Stefanowych--DTZ)