Weiter Krisenmodus wegen Corona-Pandemie - WHO sieht aber ermutigende Zeichen
In der globalen Corona-Krise ist weiter keinerlei Entspannung in Sicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sprach am Donnerstag angesichts langsamer steigender Fallzahlen in Italien zwar von "ermutigenden Zeichen" in Europa sprach, doch prangerten italienische Politiker zu niedrige Fallzahlen in den offiziellen Statistiken an. In Spanien stieg die Zahl der Todesopfer auf mehr als 4000, Großbritanniens staatlicher Gesundheitsdienst NHS sah sich mit einem "Tsunami" schwer erkrankter Corona-Patienten konfrontiert. Der US-Infektiologe Anthony Fauci warnte vor einer saisonal wiederkehrenden Pandemie.
Auch wenn die Lage "sehr ernst" bleibe, gebe es ein paar ermutigende Zeichen, erklärte das WHO-Europa-Büro in Kopenhagen am Donnerstag. So sei die Wachstumsrate der Infektionen im besonders stark betroffenen Italien leicht zurückgegangen. Europaweit gibt es laut einer AFP-Zählung auf Grundlage von Behördenangaben bereits mehr als eine Viertelmillion nachgewiesene Infektionen sowie mehr als 14.000 Todesopfer.
In Italien starben bereits mehr als 7500 Infizierte - so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Bei insgesamt 74.400 Menschen in dem EU-Land wurde eine Infektion nachgewiesen. Die Zahl der Neuinfektionen erreichte am Mittwoch allerdings ihren geringsten Zuwachs seit Beginn der Pandemie: Sie stieg noch um 7,5 Prozent.
In Norditalien melden sich jedoch immer mehr Politiker und Behördenvertreter zu Wort, welche die offiziellen Infektions- und Todeszahlen für viel zu niedrig halten. So schilderten der Bürgermeister von Nembro bei Bergamo, Claudio Cancelli, und der Behördenmitarbeiter Luca Foresti in der Zeitung "Corriere della Sera", es gebe etwa in der Ortschaft Cernusco sul Naviglio sechs Mal mehr Corona-Tote als in der offiziellen Statistik verzeichnet.
Nach Italien ist Spanien das am schwersten betroffene Land in Europa. Dort meldete das Gesundheitsministerium am Donnerstag einen Anstieg der Todesopfer um 655 auf mehr als 4000. Die Zahl der Neuinfektionen stieg um 19 Prozent auf 56.188 Fälle - immerhin ein deutlich schwächerer Anstieg als die 27 Prozent vom Vortag.
In Großbritannien nimmt die Zahl der Infizierten offenbar mittlerweile drastisch zu. Die Kliniken der britischen Hauptstadt seien mit einem "ständigen Tsunami" schwer erkrankter Corona-Patienten konfrontiert, sagte der NHS-Vertreter Chris Hopson der BBC.
Die Lage wird laut Hopson zusätzlich dadurch verschärft, dass viele Krankenhausmitarbeiter derzeit selbst krank sind und deshalb fehlen. Der Krankenstand beim Klinikpersonal liege bei "30 Prozent, 40 Prozent und an manchen Orten sogar 50 Prozent".
Am Montagabend war in Großbritannien eine dreiwöchige Ausgangssperre in Kraft getreten, nachdem Premierminister Boris Johnson wegen seines lange zögerlichen Umgangs mit der Krise heftig kritisiert worden war.
Frankreich verlegte am Donnerstag mit einem TGV-Hochgeschwindigkeitszug Corona-Patienten aus den überlasteten Kliniken im Risikogebiet Elsass in andere Krankenhäuser. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellte sich darauf ein, dass sich auch die Lage in Deutschland verschärfen werde. "Noch ist das die Ruhe vor dem Sturm", sagte er am Donnerstag.
In den USA warnte der Leiter des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten, Fauci, wenn sich das Coronavirus nun auch massiv auf der Südhalbkugel ausbreite, müssten die Länder der Nordhalbkugel "darauf vorbereitet sein, dass wir einen zweiten Zyklus haben werden". Deshalb müssten dringend ein Impfstoff und wirksame Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden.
Auch China fürchtet eine zweite Infektionswelle durch aus dem Ausland eingereiste Infizierte. Die Volksrepublik reduziert daher von Sonntag an die Zahl der internationalen Flugverbindungen drastisch. Russland setzt von Freitag an alle internationalen Flüge aus.
Rund um den Globus wurden Ausgangssperren und -beschränkungen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie verhängt, mehr als drei Milliarden Menschen sind mittlerweile davon betroffen. Eine am Donnerstag veröffentlichte britische Studie ergab, dass zumindest die Ausgangssperre im ersten Coronavirus-Epizentrum Wuhan die Pandemie eingedämmt und verlangsamt hat.
(O.Tatarinov--DTZ)