RKI stuft Risiko für Bevölkerung durch Coronavirus als "hoch" ein
Angesichts der rapiden Ausbreitung der Coronavirusinfektionen hat das Robert-Koch-Institut (RKI) das Risiko für die Bevölkerung nun als "hoch" eingestuft. RKI-Präsident Lothar Wieler begründete die Änderung der Risikoeinschätzung am Dienstag in Berlin mit dem starken Anstieg der Fallzahlen und den "Alarmzeichen" aus Kliniken und Gesundheitsämtern. Berlin plant ein eigenes Coronavirus-Krankenhaus für bis zu tausend Patienten.
Die Klinik soll demnach unter anderem gemeinsam mit der Bundeswehr eingerichtet werden. Mit der Maßnahme wolle der Senat "möglichen Engpässen" begegnen, teilte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) mit. Die Klinik solle "ausschließlich zur Vermeidung eines realen Engpasses genutzt werden".
Die Fallzahlen in Deutschland steigen derzeit rapide. Dem RKI zufolge lag die Zahl der bestätigten Coronafälle am Montagabend bei 6012. Offiziell wurden bislang 13 Todesfälle durch Corona gemeldet. Die in der US-Stadt Baltimore ansässige Johns-Hopkins-Universität ging unterdessen am Dienstagnachmittag bereits von knapp 8100 bestätigten Infektionen in Deutschland aus.
Wieler räumte ein, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Erkrankungszahlen wesentlich höher seien, als sie dem RKI übermittelt würden. Entscheidend für die Experten sei die "Dynamik", also die Geschwindigkeit Zeitraum, mit der sich die Fallzahlen entwickelten. Das Risiko für die Bevölkerung variiere von Region zu Region und könne regional auch "sehr hoch" sein wie im Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen.
Wieler sprach von "Alarmzeichen" aus Krankenhäusern. In einem Teil der Kliniken nehme die Zahl der Schwerkranken und jener Patienten zu, die intensivmedizinisch behandelt und beatmet werden müssten. Auch eine Reihe von Gesundheitsämtern spreche von einer "sehr dynamischen Lage", fügte Wieler hinzu.
Die deutschen Krankenhäuser sehen sich für die steigenden Patientenzahlen gerüstet. Sollte es bis Ende der Woche 20.000 bestätigte Infektionsfälle in Deutschland geben, sei damit zu rechnen, dass davon bis zu 1500 Patienten in den Krankenhäusern behandelt werden müssten, sagte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Dies wäre nach seinen Angaben eine Verdreifachung der Zahl der derzeit stationär behandelten Coronapatienten. Das würde die Krankenhäuser aber "nicht überfordern". Gaß zufolge gehe es jetzt um den Ausbau der Intensivkapazitäten. In zwei oder drei Monaten sei es möglich, die Zahl der Intensivbetten von derzeit 28.000 auf rund 34.000 aufzustocken. Auch die Zahl der Beatmungsgeräte von derzeit 20.000 Stück müsse erhöht werden.
Die Frage über die Dauer der in Wellen verlaufenden Pandemie lässt sich Wieler zufolge nach wie vor schwer beantworten. Ein internationales Beratergremium, dem der RKI-Chef selbst angehört, gehe von einem geschätzten Zeitraum von zwei Jahren aus. Dies hänge auch davon ab, wann es einen Impfstoff gebe. Dieser würde erst im kommenden Jahr zur Verfügung stehen, sagte Wieler.
Weltweit wird an Corona-Impfstoffen und Medikamenten zur Behandlung geforscht, darunter auch in Deutschland. Das an einem Impfstoff gegen das Coronavirus arbeitende deutsche Pharmaunternehmen CureVac in Tübingen will im Frühsommer mit einer ersten Studie beginnen.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) warnt vor einem allzu großen Optimismus bei der Impfstoffentwicklung. Deren Entwicklung sei "hochkomplex und bedarf einiger Zeit", erklärte der Verband.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief wegen der Coronakrise zur Besonnenheit auf. "Ich nehme eine sehr, sehr große Bereitschaft wahr, einander zu helfen und mitzuhelfen", sagte er in München.
(A.Stefanowych--DTZ)