Deutsche Tageszeitung - Länder in Europa schotten sich wegen Coronavirus-Pandemie zunehmend ab

Länder in Europa schotten sich wegen Coronavirus-Pandemie zunehmend ab


Länder in Europa schotten sich wegen Coronavirus-Pandemie zunehmend ab
Länder in Europa schotten sich wegen Coronavirus-Pandemie zunehmend ab / Foto: ©

Im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie schotten sich europäische Länder zunehmend ab: Tschechien schloss am Donnerstag die Grenze für Ankömmlinge aus Deutschland und 14 weiteren "Risiko"-Ländern, die Slowakei untersagte allen Ausländern außer den Polen die Einreise. Viel Kritik erntete unterdessen US-Präsident Donald Trump wegen seiner Entscheidung, ohne vorherige Absprache ein Einreiseverbot für Europäer zu verhängen.

Textgröße ändern:

Angesichts der rasanten Zunahme der Infektionsfälle in Europa erhöhte das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) die Gefahrenstufe. "Das Risiko, dass die Kapazität der Gesundheitssysteme (in Europa) in den kommenden Wochen überschritten wird, wird als hoch eingestuft", erklärte die in Stockholm ansässige Behörde.

Sie riet den Ländern des europäischen Wirtschaftsraums und Großbritannien zu drastischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus, darunter Schulschließungen, Verbote von Massenveranstaltungen, Heimarbeit sowie die Abriegelung besonders betroffener Gebiete.

Die EU reagierte bereits: Nachdem sechs Beschäftigte der EU-Kommission positiv auf das Coronavirus getestet worden waren, sollen ab Montag "alle Kollegen in nicht-kritischen Funktionen Telearbeit machen", wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem internen Schreiben mitteilte. Die nächste Verhandlungsrunde mit Großbritannien über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit wurde abgesagt.

Tschechiens Regierungschef Andrej Babis verfügte ein Einreiseverbot für Reisende aus 15 Ländern, darunter neben Deutschland auch Österreich und Frankreich. Babis rief zudem einen 30-tägigen Notstand aus und kündigte ein Verbot für Veranstaltungen und Zusammenkünfte mit mehr als 30 Menschen an.

Die Slowakei will außer Polen keine Ausländer mehr ins Land lassen. Der Sprecher des Innenministeriums, Peter Lazarov, kündigte zudem die Schließung aller internationalen Flughäfen, Schulen, kulturellen Einrichtungen und Vergnügungsstätten an.

In Italien sind bereits alle nicht aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen notwendigen Reisen untersagt. Schulen, Hochschulen und seit Freitag auch alle Geschäfte bis auf Lebensmittelläden und Apotheken sind geschlossen. Mit mehr als 15.000 bestätigten Infektionen und mehr als tausend Toten ist Italien das am stärksten von der Pandemie betroffene Land Europas.

In Spanien wurden bis Donnerstag fast 3000 Infektionen gezählt, fast die Hälfte betreffen die Hauptstadtregion Madrid. Die Zahl der Toten stieg binnen 24 Stunden von 48 auf 84. Auch das Kabinett in Madrid ist direkt betroffen. Bei Gleichstellungsministerin Irene Montero wurde das Coronavirus nachgewiesen, deshalb wurden alle Regierungsmitglieder getestet.

In Deutschland wurden inzwischen rund 2100 Infektionen nachgewiesen, die Zahl der Toten stieg auf fünf. Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt und vereinzelt Schulen geschlossen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder schließt inzwischen auch flächendeckende Schulschließungen nicht mehr aus. Dänemark, Irland, Litauen und Norwegen verfügten bereits die Schließung aller Schulen, Kitas und Universitäten.

Der britische Premierminister Boris Johnson kündigte die nächste Stufe in seinem Aktionsplan zur Eindämmung des Virus an. Die Regierung rät nun allen Bürgern, bereits bei ersten Symptomen sieben Tage in Quarantäne zu gehen. Schulschließungen oder ein Verbot von Großveranstaltungen schloss Johnson zunächst weiter aus. Regierungsberater Patrick Vallance vermutet, dass die Zahl der Infizierten zwischen 5000 und 10.000 liegen könnte und damit deutlich höher als die 590 bestätigten Fälle.

Mit Unverständnis reagierte Brüssel unterdessen auf die US-Entscheidung, wegen der Pandemie ein Einreiseverbot für Europäer zu verhängen. EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionspräsidentin von der Leyen beklagten, dass die Entscheidung "einseitig und ohne Konsultation getroffen wurde". Die Pandemie sei "eine weltweite Krise, die nicht auf einzelne Kontinente beschränkt ist".

Trump hatte am Mittwochabend ein 30-tägiges Einreiseverbot für Europäer verhängt. Es soll ab Freitag um Mitternacht gelten und betrifft nur Reisende aus den 26 Ländern des europäischen Schengenraums. Ausgenommen von Trumps Bann sind etwa Großbritannien, Irland, Kroatien, Rumänien und die Ukraine.

Der US-Präsident verteidigte am Donnerstag seine Entscheidung: Absprachen mit EU-Regierungen hätten zu viel Zeit in Anspruch genommen, sagte Trump. "Wir mussten schnell handeln."

Seit dem Corona-Ausbruch im Dezember in China haben sich nach einer jüngsten AFP-Zählung mehr als 131.400 Menschen in rund 115 Staaten mit dem Virus infiziert, über 4900 Menschen starben. In Europa sind nun mehr als 27.700 Infektions- und über 1180 Todesfälle bestätigt.

(W.Budayev--DTZ)

Empfohlen

Katholische Bischöfe bereiten bei Versammlung in Fulda Weltsynode in Vatikan vor

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz bereitet ab Montag (14.30 Uhr) bei ihrer Herbstvollversammlung im hessischen Fulda die im Oktober im Vatikan anstehende Weltsynode vor. Im Mittelpunkt der Beratungen der 59 Mitglieder stehen das Treffen in Rom und das dafür bereits entstandene vorbereitende Arbeitspapier. Papst Franziskus leitete 2021 einen synodalen Prozess ein, zu dem nun eine zweite Generalversammlung der Bischöfe stattfindet.

Vor Autogipfel: IG Metall fordert neues Förderpaket für E-Autos

Vor dem für Montag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einberufenen Autogipfel fordert die Gewerkschaft IG Metall ein Förderpaket für E-Autos. Nötig sei ein "schnelles, neues Förderpaket, das den Verkauf von E-Autos ankurbelt", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft der "Bild am Sonntag". Auf eine Abwrackprämie beim Tausch auf ein E-Auto dringt die SPD. Kritik an weiteren Subvention kam hingegen bereits aus der FDP und der Union.

Mindestens ein Todesopfer und elf Vermisste nach Überschwemmungen in Japan

Nach schweren Regenfällen ist in Japan bei Überschwemmungen und Erdrutschen mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Mindestens elf weitere Menschen wurden am Sonntag nach Behördenangaben weiter vermisst. Die Naturkatastrophe traf die Halbinsel Noto in der Region Ishikawa, in der zu Jahresanfang mehr als 300 Menschen bei einem schweren Erdbeben ums Leben gekommen waren.

21-Jähriger würgt in Niedersachsen Polizist bis zu Bewusstlosigkeit - Haftbefehl

Weil er einen Polizisten bis zur Bewusstlosigkeit würgte, ist in Niedersachsen ein 21-Jähriger wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft genommen worden. Wie die Staatsanwaltschaft Osnabrück am Sonntag mitteilte, waren am Samstagmorgen gegen 05.00 Uhr Polizeibeamte zu einer Schlägerei im Kneipenviertel von Meppen gerufen worden. Zwei Beamte verfolgten anschließend den ihnen als Tatverdächtigen genannten 21-Jährigen.

Textgröße ändern: