Länder in Europa kapseln sich wegen Coronavirus-Pandemie zunehmend ab
Grenzschließungen, Einreiseverbote, keine Schule und keine Veranstaltungen mehr - im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie kapseln sich europäische Länder zunehmend ab. Tschechien schloss am Donnerstag die Grenze für Ankömmlinge aus Deutschland und 14 weiteren "Risiko"-Ländern, die Slowakei untersagte allen Ausländern außer den Polen die Einreise. Dänemark, Irland, Litauen und Norwegen verfügten die Schließung aller Schulen. In Spanien verdoppelte sich die Zahl der Corona-Toten nahezu, Polen meldete sein erstes Todesopfer.
Menschen aus Deutschland und 14 weiteren Ländern, darunter Österreich und Frankreich, dürften nicht mehr nach Tschechien einreisen, teilte Regierungschef Andrej Babis mit. Tschechische Staatsbürger dürften außerdem nicht "in diese Risikogebiete" einreisen.
Angesichts des Coronavirus, das in Tschechien bislang bei 96 Menschen nachgewiesen wurde, rief Babis zudem einen 30-tägigen Notstand aus. Er kündigte auch ein Verbot für Veranstaltungen und Zusammenkünfte mit mehr als 30 Menschen an. Restaurants werden zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr geschlossen.
Die Slowakei will abgesehen von Polen keine Ausländer mehr ins Land lassen. Der Sprecher des slowakischen Innenministeriums, Peter Lazarov, kündigte in Bratislava zudem die Schließung aller internationaler Flughäfen, Schulen, kulturellen Einrichtungen und Vergnügungsstätten an.
In Italien sind bereits alle nicht aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen notwendigen Reisen untersagt. Schulen, Hochschulen und seit Freitag auch alle Geschäfte bis auf Lebensmittelläden und Apotheken sind geschlossen. Mit mehr als 12.400 bestätigten Infektionen und mehr als 820 Toten ist Italien das am stärksten von der Pandemie betroffene Land Europas. Aber auch die Lage in anderen Ländern ist zunehmend besorgniserregend.
In Spanien wurden bis Donnerstag fast 3000 Infektionen gezählt, fast die Hälfte betreffen die Hauptstadtregion Madrid. Die Zahl der Toten stieg binnen 24 Stunden von 48 auf 84.
Auch das Kabinett in Madrid ist direkt betroffen. Bei Gleichstellungsministerin Irene Montero wurde das Coronavirus nachgewiesen, deshalb wurden alle Regierungsmitglieder getestet. Monteros Lebensgefährte, Vize-Regierungschef und Podemos-Chef Pablo Iglesias, sei bereits in Quarantäne, teilte die Regierung mit.
Spaniens Rekordmeister Real Madrid wurde ebenfalls unter Quarantäne gestellt. Die Spiele von Spaniens oberster Liga wurden daher bis mindestens Ende März ausgesetzt.
In Deutschland wurden bereits mehr als 2000 Infektionen nachgewiesen. Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt und vereinzelt Schulen geschlossen. Landesweite Verbote größerer Zusammenkünfte und Schulschließungen gibt es hierzulande allerdings nicht.
Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen beklagte angesichts von mehr als 500 Infektionen, dass der neuartige Erreger sich in ihrem Land "viel zu schnell" ausbreite. Kitas, Schulen und Universitäten werden daher ab Montag für zwei Wochen geschlossen, auch Kultureinrichtungen müssen dicht machen.
Irlands Regierungschef Leo Varadkar kündigte an, ab Freitag seien alle Schulen, Hochschulen und Kinderbetreuungseinrichtungen in seinem Land geschlossen. Damit erfülle die Regierung ihre "Pflicht zu schützen".
Litauen will ab Montag all seine Kitas, Schulen und Universitäten schließen und Zusammenkünfte von mehr als hundert Menschen verbieten. Diese Maßnahmen gelten mindestens bis zum 27. März, wie Regierungschef Saulius Skvernelis mitteilte.
Norwegens Regierung verfügte die Schließung von Kitas, Schulen und Hochschulen sowie zahlreicher öffentlicher Einrichtungen und verbat medizinischem Personal Auslandsreisen. Auch den anderen Bürgern wird von Auslandsreisen sowie von der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel abgeraten. Aus dem Ausland einreisende Menschen müssen in Quarantäne.
Polen meldete sein erstes Todesopfer durch die Coronavirus-Pandemie. In einem Krankenhaus in Posen starb laut Stadtverwaltung eine 57-jährige Lehrerin. Bislang wurden in Polen insgesamt 47 Coronavirus-Infektionen gezählt.
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, warf mehreren Ländern unzureichende Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie vor. "Wir sind zutiefst besorgt, dass manche Länder dieser Bedrohung nicht mit dem Maß an politischem Einsatz begegnen, wie es notwendig wäre, um das zu kontrollieren", erklärte Tedros in Genf. Welche Länder er damit meinte, blieb offen.
(P.Vasilyevsky--DTZ)