Robert-Koch-Institut rät zu "sozialer Distanzierung" wegen Coronakrise
Die Menschen in Deutschland sollen wegen des Coronavirus auf Abstand zueinander gehen. "Soziale Distanzierung" sei derzeit das wichtigste Anliegen, sagte der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade, am Mittwoch in Berlin. Die Zahl der in Folge des Coronavirus verstorbenen Menschen erhöhte sich auf drei. Derweil bleibt der Umgang mit Großveranstaltungen uneinheitlich - während in der Fußballbundesliga Zuschauer ausgeschlossen werden, sind sie im Europapokal teilweise zugelassen.
RKI-Vize Schaade sagte, es gehe "darum, Abstand zwischen die Menschen zu bringen." Unabhängig von den zahlreichen abgesagten Großveranstaltungen sollte sich jeder im Einzelfall überlegen, zu welchen Veranstaltungen er noch gehe. Auch bei Besuchen von Gaststätten solle jeder überlegen, wann er dort hingehe. Das gelte auch für Treffen mit mehreren Menschen im privaten Bereich. "Hier wird an die Eigenverantwortung appelliert."
Das RKI veröffentlicht derzeit nur einmal täglich Fallzahlen, nach der jüngsten Veröffentlichung von Dienstagabend gab es 1296 Fälle. Die Veröffentlichung der Johns-Hopkins-Universität in den USA gelten aber als plausibel auch für Deutschland, demnach erhöhte sich die Zahl der Infizierten in Deutschland bis Mittwochnachmittag auf 1622.
Im besonders vom Coronavirus betroffenen nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg starb ein weiterer Mensch infolge der Krankheit. Nähere Einzelheiten konnte die Kreisverwaltung noch nicht nennen. Es war der zweite Coronavirustote in dem Landkreis und der dritte in Deutschland. Am Montag waren eine 89 Jahre alte Frau und ein 78 Jahre alter Mann gestorben.
Das RKI geht von deutlich mehr Infektionen und "hohen Fallzahlen" aus, das Coronavirus könnte 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung erreichen. Eine Testung auf das Virus sei erst zu empfehlen, wenn auch Symptome vorlägen, sagte der RKI-Vizepräsident. Ein vor Auftreten von Symptomen vorgenommener Test könne negativ ausfallen, der Betroffene könne dennoch später Symptome zeigen.
Derweil findet am kommenden Wochenende erstmals ein Spieltag der Fußballbundesliga komplett ohne Zuschauer statt. RB Leipzig gab bekannt, am Samstag ohne Zuschauer gegen den SC Freiburg zu spielen. Zuvor hatten die Behörden in Berlin dem Klub Union Berlin untersagt, gegen den FC Bayern München Zuschauer zuzulassen. Mit dem 23 Jahre alten Timo Hübers von Hannover 96 gibt es erstmals im deutschen Profifußball einen bestätigten Krankheitsfall.
Die Fußballvereine handeln allerdings weiter uneinheitlich: So waren am Dienstagabend in der Champions League in Leipzig noch Zuschauer zugelassen. Eintracht Frankfurt spielt in der Bundesliga ebenfalls ohne Publikum, in der Europa League werden gegen Basel am Donnerstagabend aber Zuschauer ins Stadion gelassen.
Die Absage von Veranstaltungen weitet sich derweil deutlich aus. So sagte die Stadt Aachen die Jubiläumsveranstaltung "70 Jahre Karlspreis" ab, Rheinland-Pfalz sagte das für Juni geplante Landesfest in Andernach bereits jetzt ab. Auch die Millionenstädte Berlin und Hamburg zogen mit dem Verbot von Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern nach. Auch Niedersachsen schloss sich am Mittwoch dem Vorgehen anderer Bundesländer an. Rückkehrer aus Risikogebieten erhielten dort ein Betretungsverbot etwa für Kitas, Schulen und Krankenhäuser.
Amtsärzte in Berlin forderten nach einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) deutlich weitergehende Restriktionen und sprachen sich für ein Verbot aller Sport- und Kulturveranstaltungen aus. Auch alle Veranstaltungen in Klubs sollten untersagt werden, berichtete der RBB unter Berufung auf einen Brief der Ärzte an Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD).
(W.Uljanov--DTZ)