Opfer von Lügde in eigenem Missbrauchsprozess freigesprochen
Das Landgericht Paderborn hat am Donnerstag ein jugendliches Opfer der Missbrauchsserie von Lügde freigesprochen, dem selbst sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen wurde. Der Jugendliche habe die ihm zur Last gelegten Missbrauchshandlungen zwar umfassend gestanden, teilte ein Gerichtssprecher mit. Die Kammer habe jedoch die nach dem Gesetz für die Verurteilung eines Jugendlichen notwendige Verantwortungsreife des früheren Lügde-Opfers nicht feststellen können.
In dem Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft dem zu Prozessbeginn 16-jährigen Angeklagten den Missbrauch von drei Kindern zur Last gelegt. Der Jugendliche hatte selbst zu den Opfern der Missbrauchsserie auf dem Campingplatz von Lügde gehört. Im Hauptprozess um den Lügde-Komplex hatte das Landgericht Detmold am 5. September zwei Angeklagte zu 13 und zwölf Jahren Haft verurteilt sowie bei beiden die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet.
Im Fall des in Paderborn angeklagten Jugendlichen verwies das Landgericht nun darauf, dass ein Jugendlicher nur dann strafrechtlich verantwortlich sei, wenn er zur Zeitpunkt der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug zur Einsicht in das Unrecht der Tat sei.
Dem Gerichtssprecher zufolge blieben der Kammer angesichts der besonderen Umstände Zweifel, dass der Angeklagte im Hinblick auf die konkret vorgeworfenen Taten sexuellen Missbrauchs von Kindern verantwortungsreif war. Dabei betonte das Gericht ausdrücklich, dass es sich um eine Entscheidung handle, die einen "besonderen Einzelfall" betreffe und sich auf andere Sachverhalte nicht ohne Weiteres übertragen lasse.
(W.Uljanov--DTZ)