In Fall von isoliert lebender Familie in Holland Österreicher festgenommen
Der Fall einer seit Jahren völlig isoliert lebenden Familie in den Niederlanden wird immer mysteriöser: Niederländische Medien berichteten am Mittwoch, der älteste Sohn der Familie, die neun Jahre lang im Kellerversteck eines abgelegenen Bauernhofs gehaust haben soll, sei seit Juni auf Facebook aktiv. Die Polizei nahm unterdessen den 58-jährigen Mieter des Hofs, einen Österreicher, in Gewahrsam.
Der 25-jährige Sohn namens "Jan" hatte den Fall am Sonntagabend ins Rollen gebracht. Er war ungewaschen und mit langen zerzausten Haaren im Gasthaus des Dorfs Ruinerwold in der Provinz Drenthe aufgetaucht und hatte dem Besitzer Chris Westerbeek erzählt, dass er in den vergangenen neun Jahren nicht "draußen" gewesen sei und nie eine Schule besucht habe, wie der Lokalsender RTV Drenthe berichtete.
Der Besitzer beschrieb den jungen Mann als "sehr verwirrt", zudem habe er auf eine kindliche Weise gesprochen. Westerbeek schaltete die Polizei ein. Diese entdeckte am Montag in einem verborgenen Keller des Bauernhofs fünf Geschwister im Alter zwischen 18 und 25 Jahren und ihren Vater. Zunächst hatte die Polizei von sechs Geschwistern gesprochen.
Einen 58-jährigen Mann nahm sie fest, weil er jede Zusammenarbeit verweigerte. Das österreichische Außenministerium bestätigte, dass es sich bei dem Mann um einen gebürtigen Wiener handelte. Dieser wolle aber keinen Kontakt zu den österreichischen Behörden, sagte Ministeriumssprecher Peter Guschelbauer der Nachrichtenagentur AFP.
Niederländischen und österreichischen Medien zufolge war der Mann als "Josef, der Österreicher" bekannt. Er soll den Bauernhof gemietet, die niederländische Familie im Keller festgehalten und für sie Gemüse im Garten angebaut sowie eine Ziege gehalten haben. Laut RTV Drenthe soll die Familie in dem Keller seit Jahren auf das "Ende der Zeit" gewartet haben.
Der 25-jährige Sohn besaß nach Informationen der Zeitung "De Telegraaf" ein eigenes Facebook-Konto, das er im Juni erstmals seit neun Jahren wieder nutzte. "Habe einen neuen Job bei Creconat begonnen", schrieb er demnach. Zudem postete er Fotos von sich "umgeben von Bäumen", in Ruinerwold und seiner Umgebung und veröffentlichte Links zu Kundgebungen wie etwa den jüngsten Klima-Märschen.
Creconat gehört demnach zu einem anderen Unternehmen aus der nahegelegenen Kleinstadt Meppel. Sein Besitzer sei der 58-jährige Österreicher, berichtete "De Telegraaf". Es sei am Montag von den Polizei durchsucht worden.
"Jan" besaß Medienberichten zufolge auch ein Nutzerkonto beim Karriere-Netzwerk LinkedIn. Dort schrieb er, dass seine Eltern bis zum Tod seiner Mutter im Jahr 2004 ein erfolgreiches Unternehmen geführt hätten.
Als die Polizei das Keller-Versteck entdeckte, lag der Vater laut RTV Drenthe im Bett. Er habe offenbar vor ein paar Jahren einen Schlaganfall erlitten.
Offenbar wusste aus dem Dorf niemand von der Familie. Sie habe seit neun Jahren völlig von der Außenwelt abgeschirmt gelebt, einige der Kinder stünden nicht einmal im Geburtenregister, berichtete Polizeivertreter Roger de Groot am Dienstag auf einer Pressekonferenz. "Mir ist so etwas noch nie zuvor begegnet", fügte er hinzu. Die Familie wurde zunächst in einer nahegelegenen Ferienanlage untergebracht.
(N.Loginovsky--DTZ)