Fünf Tote im Pariser Polizeipräsidium
Fünf Tote im Polizei-Hauptquartier in Paris, Sicherheitskräfte unter Schock: Ein Verwaltungsangestellter der Polizei hat am Donnerstag in der französischen Hauptstadt vier Beamte erstochen, bevor ihn ein Polizist erschoss. Der 45-jährige Täter soll nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP vor 18 Monaten zum Islam konvertiert sein. Ob dies mit der Tat zusammenhängt, war vorerst unklar. Ermittler durchsuchten die Wohnung des Mannes nach Hinweisen auf das Motiv.
Anti-Terror-Ermittler wurden in dem Fall vorerst nicht eingeschaltet, wie der Pariser Staatsanwalt Rémy Heitz mitteilte. Er gebe aber einen "ständigen Kontakt", die Lage werde geprüft. Eine offizielle Bestätigung für den Übertritt des Mannes zum Islam gab es zunächst nicht und auch keine Angaben zu einer möglichen Radikalisierung.
Der Täter hatte zur Mittagszeit mit einem Küchenmesser Kollegen im Polizei-Hauptquartier angegriffen. Der 45-Jährige verletzte eine Frau und drei Männer tödlich und wurde dann im Hof des Präsidiums von einem Beamten mit seiner Dienstwaffe erschossen. Der Täter verletzte mindestens einen weiteren Menschen lebensgefährlich.
Innenminister Christophe Castaner sagte am Tatort, der Mann habe "nie Verhaltensauffälligkeiten gezeigt" und seinen Angriff auch nicht angekündigt. Der Täter stammte aus Fort-de-France, der Hauptstadt der französischen Karibikinsel Martinique. Er galt wegen seiner Schwerhörigkeit als behindert.
Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte riegelten die Umgebung des Polizei-Hauptquartiers ab. Es liegt im Herzen der Stadt, in Laufweite der Pariser Kathedrale Notre-Dame auf der Seine-Insel Île de la Cité. Die Gegend ist bei Touristen sehr beliebt.
Der Täter war nach Angaben der Ermittler für Informatik zuständig. Er arbeitete bei der nachrichtendienstlichen Abteilung der Pariser Polizei (Direction du renseignement de la préfecture de police, DRPP), die unter anderem für den Kampf gegen Extremisten zuständig ist.
Die Ermittler gingen auch Hinweisen nach, wonach dem Angriff ein Konflikt mit Kollegen vorausging. Die Wohnung des Angreifers in dem Ort Gonesse nordöstlich von Paris wurde durchsucht und seine Frau in Polizeigewahrsam genommen.
Ein Augenzeuge des Angriffs berichtete, unter den Polizisten sei Panik ausgebrochen. "Ich habe einen Schuss gehört", sagte der Dolmetscher, der im Präsidium Dienst hatte. "Alle rannten, viele haben geweint."
Loïc Travers von der Polizeigewerkschaft Alliance sagte französischen Fernsehsendern, der Täter habe mehr als 20 Jahre bei der Polizei gearbeitet. Er habe als "vorbildlicher Angestellter" gegolten. Eine andere Gewerkschaft sprach von einem "menschlichen Drama".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besuchte den Tatort ebenso wie Regierungschef Edouard Philippe. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sprach im Kurzbotschaftendienst Twitter von einer "schrecklichen Attacke".
Der Angriff ereignete sich einen Tag nach einem "Wutmarsch" tausender Polizisten für bessere Arbeitsbedingungen. Die französische Polizei gilt wegen der Anschlagsserie ab 2015 und den "Gelbwesten"-Protesten als überlastet. Seit Jahresbeginn nahmen sich landesweit 50 Polizisten das Leben.
Die Pariser Polizei war in den vergangenen Jahren durch mehrere Skandale erschüttert worden. Im Februar wurden zwei Beamte wegen der Vergewaltigung einer Touristin in dem Hauptquartier zu jeweils sieben Jahren Haft verurteilt. Für Schlagzeilen sorgte auch der Fall eines Drogenfahnders, der Kokain gestohlen haben soll.
(Y.Leyard--DTZ)