BGH prüft Mitverantwortung von JVA-Beamten an tödlicher Geisterfahrt von Freigänger
Mehr als viereinhalb Jahre nach der tödlichen Geisterfahrt eines Strafgefangenen bei einem Freigang muss der Bundesgerichtshof (BGH) darüber entscheiden, ob zwei Justizvollzugsbeamte dafür mitverantwortlich sind. Die Bundesrichter verhandelten am Mittwoch über die Verurteilung der beiden Beamten wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen von jeweils neun Monaten. Die Entscheidung dürfte grundsätzliche Bedeutung für die Gewährung von Vollzugslockerungen haben. Ein Urteil soll am 26. November fallen. (Az. 2 StR 557/18)
Die beiden angeklagten Beamten gewährten einem unter anderem wegen Verkehrsdelikten vorbestraften Mann Vollzugslockerungen in den Justizvollzugsanstalten in Wittlich und Diez in Rheinland-Pfalz. Dies hatte auch regelmäßige Freigänge zur Folge. Der Mann hatte zwar keinen Führerschein, fuhr aber nach den Feststellungen des Landgerichts Limburg dabei regelmäßig mit einem nicht angemeldeten Wagen und einem falschen Kennzeichen.
Im Januar 2015 geriet er dabei in eine Polizeikontrolle und flüchtete. Er raste als Geisterfahrer auf die Bundesstraße 49 bei Limburg und prallte dort mit dem Wagen einer 21-jährigen Frau zusammen, die dabei ums Leben kam. Der Mann wurde deshalb bereits wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Landgericht Limburg verurteilte aber auch die beiden Justizbeamten wegen der gewährten Vollzugslockerungen, die das Gericht als pflichtwidriges Handeln ansah. Die Beamten hätten dadurch den Tod der 21-Jährigen fahrlässig mitverursacht. Über die gegen diese Urteil eingelegte Revision muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.
Das Urteil des Landgerichts steht nach der mündlichen Verhandlung auf der Kippe. Nicht nur die Anwälte der beiden Angeklagten plädierten auf Freispruch, sondern auch die Vertreterin der Bundesanwaltschaft in dem Verfahren. Sie begründete dies unter anderem damit, dass die tödliche Geisterfahrt von niemandem vorhersehbar gewesen sei.
Dem Fall wird grundsätzliche Bedeutung zugesprochen, weil die Entscheidung große Auswirkungen auf die Entscheidung über Vollzugslockerungen haben könnte. Diese sind fester Bestandteil im Rahmen der Resozialisierung von Gefangenen. Bei einer Entscheidung darüber muss jeweils zwischen den Rechten der Gefangenen und dem Schutz der Allgemeinheit abgewogen werden.
Der Anwalt der angeklagten Beamtin, Mark Zöller, brachte in seinem Plädoyer auch seine Hoffnung auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zum Ausdruck. Der Senat könne den Vollzugsbeamten "klare Leitlinien" geben, sagte Zöller. Diese müssten jeden Tag Entscheidungen über Lockerungen im Strafvollzug treffen. Das Urteil des Landgerichts Limburg habe aber viele Beamte "stark verunsichert".
(A.Stefanowych--DTZ)