Deutsche Tageszeitung - Prozessauftakt im Skandal um tödlichen Appetitzügler in Paris

Prozessauftakt im Skandal um tödlichen Appetitzügler in Paris


Prozessauftakt im Skandal um tödlichen Appetitzügler in Paris
Prozessauftakt im Skandal um tödlichen Appetitzügler in Paris / Foto: ©

Vor dem Pariser Strafgericht hat am Montag der Prozess um einen Appetitzügler begonnen, an dessen Einnahme vermutlich mindestens 500 Menschen starben. Den Verantwortlichen des Pharmaunternehmens Servier wird vorgeworfen, die Risiken des Medikaments Mediator verschwiegen zu haben. Die französische Arzneimittelbehörde muss sich wegen Fahrlässigkeit verantworten.

Textgröße ändern:

Mediator war mehr als drei Jahrzehnte lang in Frankreich zugelassen und wurde 2009 vom Markt genommen. Allerdings gab es schon Mitte der 1990er-Jahre Anzeichen für die Gefährlichkeit des Medikaments, das unter anderem Herzfehler verursachte. "Die Opfer wollen wissen, warum das Medikament so lange zugelassen war", sagte der Anwalt Charles Joseph-Oudin, der bei dem Prozess einen Teil der insgesamt 2600 Zivilkläger vertritt.

Der Pharmakonzern Servier besteht darauf, vor 2009 nicht von den Gesundheitsrisiken gewusst zu haben. In den USA, Spanien und Italien war Mediator bereits Jahre zuvor vom Markt genommen worden. Zu den Angeklagten gehört unter anderem der frühere stellvertretende Servier-Chef Jean-Philippe Seta.

Ursprünglich war das Medikament für übergewichtige Menschen mit Diabetes entwickelt worden. Als Appetitzügler wurde es schließlich auch an gesunde Menschen verkauft. Insgesamt nahmen in Frankreich schätzungsweise rund fünf Millionen Menschen Mediator ein.

"Servier wusste, dass sie Gift verkaufen", sagte eine Betroffene, die den Appetitzügler ein halbes Jahr lang einnahm und kurz darauf einen Herzschaden erlitt. "Die Unglücklichen sind, so wie ich, zu einem langsamen Tod verurteilt. Mein Leben ist ruiniert." Experten rechnen langfristig mit mehr als 2100 Todesfällen im Zusammenhang mit Mediator.

Die bei dem Strafverfahren zugelassenen 2600 Zivilkläger erhoffen sich Schadenersatz. Weitere Betroffene haben sich bereits mit dem Pharmaunternehmen auf Entschädigungen geeinigt. Das Mammutverfahren ist auf mindestens sechs Monate angesetzt.

(Y.Ignatiev--DTZ)

Empfohlen

Zwei Säuglinge tot in Wohnung in Sachen-Anhalt gefunden: Mutter in Untersuchungshaft

Ermittler haben in einer Wohnung in Wittenberg in Sachsen-Anhalt zwei tote Neugeborene gefunden. Die 29-jährige Mutter wurde nach einem Haftbefehl in Untersuchungshaft genommen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Dessau-Roßlau am Dienstag mitteilten. Ihr wird Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen.

Polizei räumt Protestcamp gegen Tesla-Erweiterung in Brandenburg

Die Polizei hat mit der Räumung eines Protestcamps gegen die Werkserweiterung des US-Elektroautobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide begonnen. Am Dienstagvormittag wurde das Camp offiziell aufgelöst, wie eine Polizeisprecherin sagte. Weil sich einige Menschen geweigert hätten, die Baumhäuser und Baumkronen zu verlassen, daure der Einsatz an, sagte sie am Nachmittag.

Spanisches Königspaar besucht erneut Überschwemmungsgebiet

Zwei Wochen, nachdem sie bei einem Besuch im spanischen Überschwemmungsgebiet beschimpft und mit Schlamm beworfen wurden, haben Spaniens König Felipe VI. und Königin Letizia erneut die Katastrophenregion besucht. Einwohner applaudierten und riefen "Es lebe der König!", als das Königspaar am Dienstag in der Stadt Chiva in der Region Valencia eintraf. Begleitet wurde das Paar von Regionalpräsident Carlos Mazón und Regierungsmitglied Angel Victor Torres.

Zwei Jahre Haft in Fall von in Wohnung aufbewahrter Leiche in Hessen - kein Totschlag

Im Fall um eine in einer Wohnung aufbewahrte Leiche hat das Landgericht im hessischen Limburg den Angeklagten zu zwei Jahren Haft verurteilt. Schuldig gesprochen wurde er wegen Überlassens von Drogen mit Todesfolge und unterlassener Hilfeleistung, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag mitteilte. Die Kammer sah es demnach am Freitag als erwiesen an, dass die im Oktober 2023 in der Wohnung gefundene tote Frau drogenabhängig war.

Textgröße ändern: