Prozess um Finanzaffäre bei Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland
Die Finanzaffäre rund um die als "Sommermärchen" gefeierte Fußballweltmeisterschaft 2006 wird in Deutschland doch noch vor Gericht aufgearbeitet. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main teilte am Montag mit, dass es die zuvor vom Landgericht abgelehnte Anklage gegen vier frühere Funktionäre zugelassen habe. Ihnen wird Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe im Zusammenhang mit der Rückzahlung eines umstrittenen Darlehens in Höhe von 6,7 Millionen Euro vorgeworfen.
Die früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach, der ehemalige DFB-Generalsekretär Horst Schmidt und der frühere Fifa-Funktionär Urs Linsi sollen sich vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Das Gericht hatte nach der Anklage der Staatsanwaltschaft eine Eröffnung des Verfahrens zunächst abgelehnt. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Anklagebehörde hatte nun vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Es bestehe ein "hinreichender Tatverdacht", erklärte das OLG.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte im Mai 2018 die vier Ex-Funktionäre angeklagt. Zwanziger, Niersbach und Schmidt wurde zur Last gelegt, die Einreichung einer unrichtigen Steuererklärung veranlasst zu haben. Dabei soll einer vom WM-Organisationskomitee des Deutschen Fußballbunds (DFB) unter Führung von Franz Beckenbauer geleistete Zahlung von 6,7 Millionen Euro als Betriebsausgabe geltend gemacht worden sein, obwohl ihr tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde gelegen habe und die Zahlung daher nicht steuermindernd hätte verbucht werden dürfen.
Beckenbauer gehörte als Chef des damaligen WM-Organisationskomitees nicht zu den Beschuldigten in dem Frankfurter Verfahren, weil er mit der maßgeblichen Steuererklärung nichts zu tun hatte.
Vor drei Wochen hatte bereits die Schweizer Bundesanwaltschaft Anklage gegen die vier auch in Frankfurt angeklagten Fußballfunktionäre erhoben. Sie wirft ihnen vor, "arglistig über den eigentlichen Zweck" der Zahlung von 6,7 Millionen Euro getäuscht zu haben. Zwanziger, Schmidt und Linsi wird "Betrug in Mittäterschaft" vorgeworfen, Niersbach "Gehilfenschaft zu Betrug".
Das Geld soll 2005 vom deutschen WM-Organisationskomitee über die Fifa mutmaßlich an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen worden sein. Das Darlehen soll zuvor Beckenbauer aufgenommen haben, danach soll das Geld nach Katar geflossen sein. Die Schweizer Bundesanwaltschaft erhob gegen Beckenbauer keine Anklage und begründete dies mit dessen Gesundheitszustand.
Nach der Zulassung der Anklage in Frankfurt ließ der frühere DFB-Präsident Zwanziger die Vorwürfe umgehend zurückweisen. "Weder die Tatsache noch der Inhalt des Beschlusses ändern etwas an der von hier aus vertretenen Rechtsauffassung, wonach die Vorwürfe gegen meinen Mandanten unbegründet sind", zitierte der Sportinformationsdienst (SID) dessen Anwalt Hans-Jörg Metz.
(W.Uljanov--DTZ)