Gedenkfeier zum Einsturz der Morandi-Brücke in Genua vor einem Jahr
Die norditalienische Stadt Genua hat am Mittwoch des Einsturzes der Morandi-Brücke vor einem Jahr gedacht, durch den 43 Menschen ums Leben kamen und dutzende weitere verletzt wurden. Hunderte Hinterbliebene kamen zu der Zeremonie unweit des Unglücksorts, wo noch Trümmer der Katastrophe liegen, während bereits an einer neuen Brücke gearbeitet wird. Bei einem Gedenkgottesdienst unter Leitung von Erzbischof Angelo Bagnasco wurden die Namen der 43 Opfer verlesen. Zum Unglückszeitpunkt um 11.36 Uhr wurde ein Gedenkminute abgehalten.
An der Gedenkfeier nahmen unter anderem Staatspräsident Sergio Mattarella und Regierungschef Giuseppe Conte teil. Mehrere Vertreter des Unternehmens Autostrade per l’Italia (Aspi), das die eingestürzte Brücke betrieben hatte, mussten die Gedenkfeiern auf Druck der Hinterbliebenen verlassen. Eine Vertreterin der Hinterbliebenen verlangte, die Hintergründe des Unglücks müssten aufgeklärt und die Verantwortlichen bestraft werden. In dem Mammutverfahren gibt es 71 Angeklagte, 120 Experten und 75 Zeugen sollen zu Wort kommen.
Die Gedenkfeiern in Genua standen unter dem Eindruck der aktuellen Regierungskrise in Rom. Anwesend waren auch der Chef der rechtsradikalen Lega, Innenminister Matteo Salvini, und der Chef der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio. Die Koalition der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung war in der vergangenen Woche zerbrochen, Salvini brachte einen Misstrauensantrag gegen den parteilosen Regierungschef Conte ein. Der Ausgang der Krise ist ungewiss. Der Bürgermeister des Genueser Stadtbezirks, in dem nunmehr eine neue Brücke gebaut wird, Federico Romeo, sagte, er hoffe, dass "die Regierungskrise keine Verzögerungen" beim Brückenbau bringen werde.
Die 1,2 Kilometer lange Morandi-Brücke wurde zwischen 1963 und 1967 gebaut. Ihr Architekt, der bereits verstorbene Ingenieur Riccardo Morandi, verwendete eine spezielle Konstruktionsweise mit Spannbeton. Die Ingenieurswebseite ingegneri.info nannte den Brückeneinsturz unmittelbar nach dem Unglück eine "vorhersehbare Tragödie". Es habe immer schon "strukturelle Zweifel" an Morandis Bau gegeben.
Die neue Brücke wurde von dem Star-Architekten Renzo Piano entworfen, der aus Genua stammt. Sie soll schon im kommenden April für den Verkehr geöffnet werden. Die weiße Brücke werde an drei Schiffe erinnern, "die sich zu einer einzigen, über einen Kilometer langen Struktur verbinden", sagte Piano der Tageszeitung "La Repubblica". Sie solle "tausend Jahre halten".
(A.Stefanowych--DTZ)