Weg für Ende der künstlichen Ernährung von französischem Koma-Patienten frei
Der Weg zum Ende der künstlichen Ernährung für den bekanntesten Koma-Patienten Frankreichs ist frei: Darauf läuft ein Urteil des Pariser Kassationshofs zum Fall des 42-jährigen Vincent Lambert hinaus, der seit mehr als zehn Jahren in einer Art Wachkoma liegt. Die Entscheidung vom Freitag ist eine Niederlage für die Eltern, die für das Leben ihres Sohnes durch alle Instanzen gegangen waren.
Die Mediziner der Uniklinik Reims hatten die künstliche Ernährung für den früheren Krankenpfleger Lambert bereits vor gut einem Monat beendet, das Pariser Berufungsgericht ordnete aber überraschend ihre Wiederaufnahme an. Der Kassationshof als oberste französische Instanz annullierte nun dieses Urteil.
Damit könnten die Ärzte die lebenserhaltenden Maßnahmen für den 42-Jährigen "sofort" beenden, teilte der Anwalt von Lamberts Ehefrau Rachel mit. Laut dem Kassationshof war das Berufungsgericht in dem Fall nicht zuständig. Rechtsmittel sind nicht möglich. Der Anwalt von Lamberts Ehefrau sprach von einem "Schlusspunkt" in dem jahrelangen Rechtsstreit.
Die Eltern drohten den Ärzten umgehend mit einer Klage wegen "vorsätzlicher Tötung", sollten sie die künstliche Ernährung beenden, wie die Anwälte des Paares mitteilten.
Die Mediziner berufen sich auf ein französisches Gesetz von 2016, wonach die Behandlung beendet werden kann, wenn sie "unnütz und unverhältnismäßig erscheint oder nur dazu dient, das Leben künstlich zu erhalten". Sie hatten in verschiedenen Instanzen Recht bekommen. Zuletzt urteilte auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in ihrem Sinne.
Vincent Lambert hatte bei einem Autounfall 2008 schwerste Hirnschäden erlitten und ist seitdem nicht mehr bei Bewusstsein. Laut einem Gutachten wird sich sein Zustand nicht mehr verbessern. Ohne künstliche Ernährung dürfte er nach Angaben von Medizinern nur noch wenige Tage leben.
Der Fall spaltet die Familie Lambert: Während die streng katholischen Eltern das Leben ihres Sohnes um jeden Preis erhalten wollen, sind Lamberts Frau und sechs Brüder und Schwestern für ein Ende der Maßnahmen. Sie berufen sich darauf, dass er sich stets gegen eine künstliche Verlängerung seines Lebens ausgesprochen habe.
Der Vatikan hatte sich Ende Mai hinter die Eltern gestellt: Papst Franziskus erklärte, das Leben aller Menschen solle "vom Beginn bis zu seinem natürlichen Ende" geschützt werden. Nach Angaben seiner Pressestelle bezog sich die Äußerung auch auf den Fall Lambert.
(A.Nikiforov--DTZ)