Baerbock wirbt in Organspendedebatte für Alternative zu Spahn-Modell
In der Bundestagsdebatte über die Neuregelung der Organspende hat Grünen-Chefin Annalena Baerbock vor verfassungsrechtlichen Problemen des von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mitgetragenen Modells gewarnt. Gesetze müssten auch verfassungskonform sein, sagte Baerbock, die mit einer Gruppe anderer Abgeordneter für ein Alternativmodell eintritt, am Mittwoch im Bundestag. Ihre Gruppe halte die von Spahn geplante Widerspruchslösung "für einen unverhältnismäßigen Eingriff, weil es mildere Mittel gibt".
Baerbock sagte, das von ihrer Gruppe erarbeitete Modell sei verfassungsrechtlich unproblematisch und lasse sich schnell umsetzen. Ein Vorteil ihres Modells sei das dazugehörige Online-Register, mit dem Krankenhäuser schnell sehen könnten, ob ein Mensch Organspender sei oder nicht.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der mit Spahn die Widerspruchslösung als neues Modell entwickelt hat, sagte, er argumentiere ausdrücklich aus einer ethischen Motivation für sein Modell. Jeder wolle automatisch auch Empfänger eines Spenderorgans sein, wenn er eines benötige. Dann müsse es für die Menschen aber auch zumindest die Pflicht geben, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und zu widersprechen, falls die Organspende doch abgelehnt werde.
Das von Spahn und Lauterbach entwickelte Modell der Widerspruchslösung sieht vor, dass jeder als Organ- oder Gewebespender eingestuft wird, der dem nicht ausdrücklich widerspricht. Das Modell der Gruppe um Baerbock sieht wie bisher die Zustimmung zu einer Organspende vor, neu ist hier im Wesentlichen das bundesweite Online-Register.
Die Neuregelung wird unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit diskutiert, welches Modell sich am Ende durchsetzen wird gilt als offen. Die erste Bundestagsdebatte war zum Teil auch von persönlichen Beiträgen der Abgeordneten geprägt.
So berichtete die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar von einem sechsjährigen Jungen aus ihrem Wahlkreis, der ein Spenderherz benötige. Weil sie sich in Spanien schnellere Chancen ausrechne, sei die Mutter mit dem Kind jetzt nach Barcelona gezogen. "Den Menschen auf der Warteliste läuft die Zeit davon", sagte Dittmar. Sie warb für das Widerspruchsmodell.
Dagegen plädierte die FDP-Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus für die Zustimmungslösung der Gruppe um Baerbock. Sie habe auch einen Schwager gehabt, der jahrelang vergeblich auf ein Spenderorgan gewartet habe. Dennoch finde sie, "der Staat darf aus einem Akt der Freiwilligkeit, der freiwilligen Solidarität, keinen Pflichtakt machen. Denn das Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen von uns hat etwas mit Würde zu tun".
(N.Loginovsky--DTZ)