Forscher beobachten schnell wachsende Instabilität im Antarktis-Eis
Forscher beobachten eine schnell wachsende Instabilität in Teilen der antarktischen Eismassen, deren Abschmelzen zu einem zusätzlichen, deutlichen Anstieg des Meeresspiegels führen würde. Dabei geht es besonders um Gletscher in der Westantarktis, wie aus einer am Donnerstag in dem Fachblatt "The Cryosphere" veröffentlichten Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hervorgeht. Deren Abschmelzen könnte demnach bald unumkehrbar werden.
"Computersimulationen belegen, dass wir hier eine Instabilität der auf dem Meer aufschwimmenden Eismassen sehen, die zu einem zusätzlichen globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als drei Metern führen kann", erklärte dazu der PIK-Forscher Anders Levermann. Neue Berechnungen zeigten nun, "dass diese Instabilität viel schneller voranschreitet als ähnliche Prozesse in anderen Teilen der Antarktis". Das Eis der Westantarktis könnte demnach deutlich schneller kollabieren als anderswo.
Auch wenn selbst dieser vergleichsweise schnelle Eisverlust sich nur über Jahrzehnte hinweg entfalten und dann Jahrhunderte andauern werde, sei er bereits heute ein wichtiger Faktor für den weltweiten Anstieg des Meeresspiegels. "Davon werden Hunderte von Millionen Menschen an den Küsten der Welt betroffen sein, von Miami bis Shanghai", hieß es in einer PIK-Mitteilung zu den neuen Forschungsergebnissen.
Das Problem ist demnach, dass es hier um ein sogenanntes Kipp-Element geht, also einen Prozess, der nicht mehr zu stoppen ist, wenn er einmal ausgelöst wurde. "Wenn das geschieht, werden die Eismassen langsam und unaufhaltsam in den Ozean fließen und damit weltweit den Meeresspiegel ansteigen lassen", warnen die Experten. Dabei wiesen die bereits seit einigen Jahrzehnten zu beobachtenden starken Eisverluste des Pine-Island-Gletschers und des Thwaites-Gletschers darauf hin, "dass der schlimmste Anstieg des Meeresspiegels bereits im Gange sein könnte".
Die genauen Ursachen dieser konkreten Entwicklung lassen sich den Angaben zufolge noch nicht sicher benennen. Klar ist aber laut Levermann, dass der Klimawandel nicht nur zu höheren Temperaturen in der Atmosphäre führe, "sondern auch zu wärmeren Meeresströmungen, die bis in die Antarktis vordringen und den Schmelzprozess unter Wasser starten".
Die genannten Antarktis-Gletscher liegen zwar teilweise auf antarktischem Festland, wo dauerhaft Temperaturen unter dem Gefrierpunkt herrschen, ragen aber darüber hinaus ins Meer hinein, wo sie den Wirkungen von Meeresströmungen und auch eines ansteigenden Meeresspiegels ausgesetzt sind.
Auch wenn die Forschungsergebnisse noch eine Reihe von Unsicherheiten enthielten, riefen Levermann und Co-Autor Johannes Feldmann zu verstärkten Anstrengungen gegen den Klimawandel auf, um den globalen Anstieg des Meeresspiegels noch einzudämmen.
(W.Uljanov--DTZ)