Sinkende Fruchtbarkeit könnte zu Aussterben des Neandertalers geführt haben
Ein leichter Rückgang der Fruchtbarkeitsrate bei jungen Neandertalerinnen könnte über einen Zeitraum von mehreren tausend Jahren zum Aussterben dieser frühen menschlichen Gattung geführt haben. Dies geht aus einer Studie hervor, die am Mittwoch im US-Wissenschaftsmagazin "Plos One" veröffentlicht wurde.
Die engsten Verwandten des Menschen lebten vor 400.000 bis 40.000 Jahren in Europa, ihr Verschwinden fiel mit der Ankunft des modernen Menschen, des Homo sapiens, auf dem Kontinent zusammen. Die Gründe für sein Verschwinden blieben jedoch ein Rätsel: Wurden sie von unseren Vorfahren ausgelöscht? Waren sie Opfer einer Massenepidemie? Oder waren sie im Wettstreit um Ressourcen einer geschickteren Spezies - dem Homo sapiens - unterlegen?
Wissenschaftler des nationalen wissenschaftlichen Instituts (CNRS) in Frankreich entwickelten ein mathematisches Modell, um mit Hilfe mehrerer Szenarien herauszufinden, unter welchen Bedingungen der Neandertaler binnen 10.000 Jahren oder weniger aussterben konnte. Berücksichtigt wurden unterschiedliche Parameter wie etwa Migration und Fruchtbarkeitsraten. Dabei zogen die Wissenschaftler Beobachtungsdaten von modernen Jäger-und-Sammler-Gruppen und großen Affen hinzu sowie Daten über Neandertaler aus früheren Studien.
Mehrere Hypothesen über das Aussterben des Neandertalers wie ein Anstieg der Kinder- oder Erwachsenensterblichkeit wegen Epidemien oder Kriegen schienen danach unwahrscheinlich. "Das hätte zu einem zu schnellen Verschwinden der Neandertaler-Population geführt", erklärte Silvana Condemi, Anthropologin an der Universität Aix-Marseille und Mitautorin der Studie. Hingegen sei ein "sehr leichter Rückgang der Fruchtbarkeitsrate junger Frauen kompatibel mit dem bekannten Zeitrahmen des Aussterbens".
"Dieser Rückgang ist sehr gering, aber er reicht über einen langen Zeitraum, um den Neandertaler aussterben zu lassen", erklärte Condemi. Möglicherweise habe die Ankunft des Homo sapiens die Neandertaler bei der Nahrungssuche zunehmend unter Druck gesetzt. "Ein Rückgang der Nahrung und damit der Kalorien ist schädlich für Schwangerschaften", sagte Condemi.
Die Autoren der Studie betonten, ihr Ziel sei es nicht gewesen zu erklären, "warum" die Neandertaler ausstarben, sondern "wie". Solange es nur wenige fossile Funde gebe, könnten lediglich Vermutungen angestellt werden, warum junge Neandertalerinnen begonnen hätten, weniger Kinder zu bekommen.
(P.Vasilyevsky--DTZ)