Bericht: Prozess zu massenhaftem Missbrauch in Lügde soll am 27. Juni beginnen
Der Prozess zum massenhaften Kindesmissbrauch im nordrhein-westfälischen Lügde soll laut einem Zeitungsbericht am 27. Juni vor dem Landgericht Detmold beginnen. Das "Westfalen-Blatt" berichtete am Samstag, die Kammer plane, anschließend jeden Donnerstag und Freitag zu verhandeln, sofern nicht wegen Urlaubs Termine ausfielen. Zunächst seien für die Verhandlung zwei Monate vorgesehen.
Angeklagt sind bisher Andreas V. (56) aus Lügde und Heiko V. (49) aus Stade. Die Staatsanwaltschaft will dem Bericht zufolge aber in Kürze auch die Anklage gegen Mario S. (34) aus Steinheim fertigstellen. Er könnte dann ebenfalls am 27. Juni mit auf der Anklagebank sitzen.
Das Detmolder Landgericht hatte am Freitag erstmals Einzelheiten der Anklagevorwürfe mitgeteilt. Demnach werden dem mutmaßlichen Haupttäter Andreas V. 293 Straftaten zur Last gelegt - insbesondere Missbrauch von Schutzbefohlen, schwerer sexueller Kindesmissbrauch sowie Besitz kinderpornografischer Schriften. Der 56-Jährige soll die Taten im Sommer 1998 sowie seit Anfang 2008 bis Dezember 2018 auf dem Campingplatz Eichwald in Lügde-Elbrinxen begangen haben.
Die 64-seitige Anklageschrift führt 22 Opfer auf, die im Zeitpunkt der Taten alle minderjährig gewesen sein sollen. In 226 der 293 angeklagten Fälle soll der 56-Jährige an zehn verschiedenen Kindern den Beischlaf vollzogen oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen haben, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden gewesen sein sollen. In einem weiteren Fall soll er zwei Kinder veranlasst haben, sexuelle Handlungen aneinander vorzunehmen.
Dem 49-jährigen Beschuldigten wirft die Anklage in zwei Fällen Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, in einem Fall Beihilfe zum sexuellen Kindesmissbrauch, in einem weiteren Fall die Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind sowie den Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften vor. Der Mann aus Stade soll von Herbst 2010 bis zum Frühjahr 2011 in mindestens vier Fällen an Webcam-Übertragungen des 56-Jährigen teilgenommen haben.
Die Missbrauchsserie von Lügde im Kreis Lippe war Ende Januar bekannt geworden. Bislang sind 41 Opfer identifiziert. Die meisten der betroffenen Kinder waren zur Tatzeit zwischen drei und 14 Jahre alt. Die Ermittlungen richten sich gegen insgesamt acht Beschuldigte. In dem Fall gab es wiederholt schwere Ermittlungspannen wie etwa das Verschwinden von Beweismitteln.
(N.Loginovsky--DTZ)