Anklage wirft mutmaßlichem Haupttäter im Missbrauchsfall Lügde 293 Taten vor
Im Fall des massenhaften Kindesmissbrauchs von Lügde legt die Staatsanwaltschaft dem mutmaßlichen Haupttäter 293 Straftaten zur Last - insbesondere Missbrauch von Schutzbefohlen, schweren sexuellen Kindesmissbrauch sowie Besitz kinderpornografischer Schriften. Wie das Landgericht Detmold am Freitag weiter mitteilte, soll der 56-Jährige die Taten im Sommer 1998 sowie seit Anfang 2008 bis Dezember 2018 auf dem Campingplatz Eichwald in Lügde-Elbrinxen begangen haben.
Die Staatsanwaltschaft Detmold hatte vor wenigen Tagen Anklage gegen den 56-jährigen Ex-Dauercamper und einen 49-jährigen Mann aus Stade erhoben. Das Detmolder Landgericht nannte nun erstmals Einzelheiten der Anklagevorwürfe.
Demnach führt die 64-seitige Anklageschrift im Fall des 56-Jährigen 22 Opfer auf, die im Zeitpunkt der Taten alle minderjährig gewesen sein sollen. Außerdem soll der Angeschuldigte im Dezember 2018 im Besitz von 879 Bild- und Videodateien mit kinderpornographischem Inhalt gewesen sein.
In 226 der 293 angeklagten Fälle soll der 56-Jährige an zehn verschiedenen Kindern den Beischlaf vollzogen oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen haben, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden gewesen sein sollen. In einem weiteren Fall soll er zwei Kinder veranlasst haben, sexuelle Handlungen aneinander vorzunehmen.
Dem 49-jährigen Angeschuldigten wirft die Anklage in zwei Fällen Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, in einem Fall Beihilfe zum sexuellen Kindesmissbrauch, in einem weiteren Fall die Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind sowie den Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften vor. Der Mann aus Stade soll von Herbst 2010 bis zum Frühjahr 2011 in mindestens vier Fällen an Webcam-Übertragungen des 56-Jährigen teilgenommen haben.
In zwei Fällen soll der zweite Angeschuldigte den mutmaßlichen Haupttäter vorher zu sexuellen Handlungen an Kindern und deren Übertragung per Webcam ausdrücklich aufgefordert haben. In einem Fall beobachtete und kommentierte er demnach die sexuellen Handlungen des 56-Jährigen an einem Kind über die Webcam.
In einem weiteren Fall soll der 49-Jährige während eines Livechats vor den Augen der anwesenden Kinder onaniert haben. Darüber hinaus wurden bei ihm laut Anklage im Januar 42.719 Bild- und Videodateien mit kinder- und jugendpornographischem Inhalt gefunden.
Die zuständige Jugendschutzkammer des Detmolder Landgerichts prüft derzeit die Zulassung der Anklagen gegen die beiden Männer. Die Missbrauchsserie von Lügde im Kreis Lippe war Ende Januar bekannt geworden. Bislang sind 41 Opfer identifiziert. Die meisten der betroffenen Kinder waren zur Tatzeit zwischen drei und 14 Jahre alt. Die Ermittlungen richten sich gegen insgesamt acht Beschuldigte.
(N.Loginovsky--DTZ)