Deutsche Hochstaplerin Sorokin in New York von Geschworenen schuldig gesprochen
Die deutsch-russische Hochstaplerin Anna Sorokin ist in New York wegen Diebstahls verurteilt worden. Die Geschworenen sprachen die 28-Jährige, die sich eine falsche Identität als reiche deutsche Erbin zugelegt hatte, am Donnerstag in allen zehn Anklagepunkten schuldig, wie Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance mitteilte. Das Strafmaß soll am 9. Mai verkündet werden. Der Deutschrussin drohen bis zu 15 Jahre Haft.
Vance begrüßte das Urteil der Geschworenen. Der Prozess habe gezeigt, dass Sorokin während ihre "langen Maskerade" wie eine wahre Kriminelle "mit weißem Kragen" aufgetreten sei.
Sorokin soll ihre Opfer um insgesamt 275.000 Dollar gebracht haben, um einem luxuriösen Lebenswandel zu frönen. Laut Anklage war es ihr durch geschickte Lügen und ein selbstbewusstes Auftreten gelungen, von verschiedenen Banken Kredite in Höhe von zehntausenden Dollar zu erhalten, umsonst in Privatflugzeugen zu reisen und Monate in Luxushotels in Manhattan zu leben, ohne die Rechnungen zu begleichen.
Eine damalige Freundin, die "Vanity Fair"-Fotografin Rachel Williams, wurde von Sorokin in das Luxushotel "La Mamounia" im marokkanischen Marrakesch eingeladen, wo die Nacht 7000 Dollar kostete. Letztlich blieb Williams auf der Rechnung sitzen, die mit 62.000 Dollar ein Jahresgehalt der Fotografin überstieg.
Sorokin versuchte außerdem, eine Mischung aus Nachtclub und Kunstgalerie zu gründen und dafür 22 Millionen Dollar zu leihen - und setzte dafür gefälschte Dokumente ein. Ein einflussreicher Bauherr wollte ihr bereits ein Gebäude auf der Park Avenue zur Verfügung stellen.
Staatsanwältin Catherine McCaw warf ihr während des Prozesses vor, mit "krimineller Absicht" gehandelt zu haben. Sie habe ihren Opfern eine Lüge nach der anderen aufgetischt, habe "ein gefälschtes Dokument nach dem anderen vorgelegt sowie einen gefälschten Personalausweis nach dem anderen".
Sorokins Anwalt Todd Spodek wies die Vorwürfe zurück. "Sie hat nichts unternommen, um die New Yorker von ihrem Geld zu trennen - sie haben es ihr gegeben." Die US-Metropole sei eine Stadt, die Geld und den Anschein von Geld fördere und damit "eigene Gelegenheiten" schaffe, argumentierte Spodek und verglich Sorokin in dieser Hinsicht mit dem jungen Frank Sinatra.
Mit ihrem Club-Projekt habe sie versucht, finanziell endlich auf eigenen Beinen zu stehen, sagte ihr Verteidiger. "Sie gründete einen Laden, von dem sie glaubte, dass er laufen würde, und sie erkaufte sich Zeit."
Die Deutschrussin stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Sie ist die Tochter eines russischen Lastwagenfahrers. Als sie 16 Jahre alt war, ging die Familie nach Deutschland. 2016 kam Sorokin in die USA und schleuste sich unter dem Namen Anna Delvey in wohlhabende Kreise ein.
Vor ihrem Prozess hatte sie bereits seit anderthalb Jahren einen ebenfalls berühmten, aber weniger glamourösen Wohnsitz: das bekannte New Yorker Gefängnis Riker’s Island.
Der Fall hat in den USA für großes Aufsehen gesorgt. Der Streamingdienst Netflix und der Sender HBO wollen Sorokins Geschichte verfilmen. HBO hat die Rechte von Williams erworben, die ihre Geschichte von dem teuren Marokko-Trip erst an die "Vanity Fair" und dann an den US-Kabelsender verkaufte.
(A.Stefanowych--DTZ)