Deutsche Tageszeitung - Karlsruhe: Länder dürfen Profifußball höhere Polizeikosten in Rechnung stellen

Karlsruhe: Länder dürfen Profifußball höhere Polizeikosten in Rechnung stellen


Karlsruhe: Länder dürfen Profifußball höhere Polizeikosten in Rechnung stellen
Karlsruhe: Länder dürfen Profifußball höhere Polizeikosten in Rechnung stellen / Foto: © AFP/Archiv

Bundesländer dürfen der Deutschen Fußballliga (DFL) die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied am Dienstag gegen die DFL und wies ihre Verfassungsbeschwerde gegen eine entsprechende Regelung aus Bremen ab. Das Urteil dürfte Signalwirkung haben, denn auch andere Bundesländer denken darüber nach, den Profifußball zur Kasse zu bitten. (Az. 1 BvR 548/22)

Textgröße ändern:

Es geht um Spiele, bei denen besonders heftige Fankrawalle in der Stadt erwartet werden. Bremen entschied 2014, für die höheren Kosten bei solchen Polizeieinsätzen von den Veranstaltern eine Gebühr zu fordern. Die erste Rechnung wurde 2015 gestellt. Die DFL zog dagegen vor Gericht, hatte aber schon vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig keinen Erfolg. Nun scheiterte auch die letzte Möglichkeit, die Verfassungsbeschwerde.

Die Bremer Regelung sei mit dem Grundgesetz vereinbar, erklärte das Verfassungsgericht. "Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Gefahrenvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt und ausschließlich aus dem Steueraufkommen finanziert werden müsste", sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth.

In Bremen sollten die Mehrkosten auf die Veranstalter abgewälzt werden, führte das Gericht aus - also auf diejenigen, die dafür verantwortlich seien. So sollten nicht nur Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, sondern auch die wirtschaftlichen Nutznießer der Fußballspiele die Kosten schultern. Das sei ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel.

Schon kurz nach Beginn der Urteilsverkündung gab es erste Reaktionen aus den Bundesländern. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) erklärte, das Urteil eröffne die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung. Es spreche aber keine Verpflichtung dafür aus. "Ich strebe ein bundesweit einheitliches Vorgehen an", kündigte er an.

Für Niedersachsen erklärte Landesinnenministerin Daniela Behrens (SPD), die weiteren Schritte "sorgsam abwägen" zu wollen. Ihr vorrangiges Ziel bleibe, "dass die Vereine die Gewalt in ihren Stadien in den Griff bekommen und es gar nicht erst zu Polizeieinsätzen kommen muss".

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte das Urteil. "Es kann nicht sein, dass jeder Bürger für kleinste Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung mit teilweise drastischen Gebühren zur Kasse gebeten" werde, "aber die milliardenschwere DFL die Arbeit zigtausender Polizeikräfte geschenkt bekommt", erklärte ihr stellvertretender Vorsitzender Heiko Teggatz.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich zufrieden. Das Urteil habe eine weitreichende Bedeutung, sagte der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke voraus. "Es betrifft nicht mehr nur die Polizeieinsätze bei Fußballspielen, sondern alle kommerziellen Großveranstaltungen mit Konfliktpotenzial."

(O.Tatarinov--DTZ)

Empfohlen

Neuer libanesischer Regierungschef tritt von Amt als Vorsitzender Richter am IGH zurück

Der neue libanesische Regierungschef Nawaf Salam ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als Vorsitzender Richter am Internationalen Gerichtshof (IGH) zurückgetreten. Seine Amtszeit als Mitglied und Präsident des IGH mit Sitz in Den Haag wäre am 5. Februar 2027 geendet, teilte das UN-Gericht am Dienstag mit. Salam war am Montag zum neuen Regierungschef im Krisenland Libanon ernannt worden.

Missbrauchsfall um schwangere Elfjährige: Stiefvater in Siegen vor Gericht

Im Fall um eine schwangere Elfjährige muss sich seit Dienstag der Stiefvater des Mädchens wegen Missbrauchs vor dem Landgericht im nordrhein-westfälischen Siegen verantworten. Der Prozess begann mit der Anklageverlesung, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Dem 38-Jährigen wird unter anderem mehrfacher teils schwerer sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen. Die Taten sollen sich laut Anklage über drei Jahre hinweg bis August 2023 ereignet haben. Bei der letzten Tat sei das Mädchen elf Jahre alt gewesen.

Steinwurf auf Bundesverfassungsgericht: Beschuldigter zu Geldstrafe verurteilt

Nach Steinwürfen auf das Bundeskanzleramt und das Bundesinnenministerium in Berlin hat derselbe Tatverdächtige auch das Gebäude des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe attackiert. Das Amtsgericht Karlsruhe sprach den Mann wegen des Steinwurfs auf das Gerichtsgebäude am Dienstag in einem beschleunigten Verfahren der Sachbeschädigung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von insgesamt 2400 Euro, wie das Gericht mitteilte. Das Urteil ist demnach rechtskräftig. Der Verurteilte, der sich zwischenzeitlich im Gewahrsam befand, kam anschließend wieder auf freien Fuß.

Zehn Jahre Haft nach tödlicher Messerattacke in Flüchtlingsheim in Nordrhein-Westfalen

Wegen einer tödlichen Messerattacke in einer Flüchtlingsunterkunft hat das Landgericht Krefeld einen 28 Jahre alten Angeklagten zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte wurde des Totschlags schuldig gesprochen, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag sagte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Textgröße ändern: