In Afghanistan als Geiseln festgehaltene Eheleute bekämpfen sich vor Gericht
Ein nach fünfjähriger Geiselhaft bei Islamisten in Afghanistan getrenntes Ehepaar trägt derzeit vor einem kanadischen Gericht einen heftigen Streit aus. Die US-Bürgerin Caitlin Coleman wirft ihrem Mann, dem Kanadier Joshua Boyle, gewalttätige sexuelle Übergriffe vor. Die radikalislamischen Taliban hatten Boyle und Coleman 2012 gefangen genommen, als sie dort als Rucksacktouristen unterwegs waren. Später wurden sie an das radikalislamische Haqqani-Netzwerk übergeben, das mutmaßlich Verbindungen zum pakistanischen Militär unterhält.
Während der Gefangenschaft bekam das Paar drei Kinder. Die Familie wurde im Oktober 2017 befreit, danach kam ein viertes Kind zur Welt. Bei der Verhandlung im Justizpalast von Ottawa sagte die 33-jährige Coleman per Videoschaltung aus. Der 35-jährige Boyle war in Begleitung seiner Eltern im Gericht anwesend.
Coleman, die Boyle kennenlernte, als sie 16 Jahre alt war, führte am Mittwoch aus, wie konfliktreich ihre Beziehung im Laufe der Jahre war. Ihr Mann habe sie beschimpft und erniedrigt. Die Reise nach Afghanistan sei gegen ihren Willen zustande gekommen. In den Jahren der Gefangenschaft sei Boyle ihr gegenüber äußerst gewalttätig gewesen. Vor den Kindern habe er ihr gedroht, sie umzubringen.
Als sie in Freiheit bei Boyles Familie in Kanada lebte, habe er sie zunächst besser behandelt. Doch später, nach dem Umzug des Paars nach Ottawa, habe es wieder Misshandlungen gegeben. Colemans Aussage soll noch bis Montag aussagen. Die Dauer des Prozesses wird auf zwei Monate veranschlagt.
Boyle war etwa zwei Monate nach Befreiung der Familie in seinem Heimatland festgenommen und angeklagt worden. Ihm werden sexuelle Übergriffe, Gewaltanwendung und Morddrohungen zur Last gelegt. Außerdem soll er versucht haben, den Verdacht von sich abzulenken und die Polizei in die Irre zu führen. Boyle führt an, dass seine Frau psychisch instabil sei und bei ihr die Gefahr bestehe, dass sie sich selbst verletze.
(A.Stefanowych--DTZ)