Deutsche Tageszeitung - Nach Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg hält Debatte über Innere Sicherheit an

Nach Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg hält Debatte über Innere Sicherheit an


Nach Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg hält Debatte über Innere Sicherheit an
Nach Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg hält Debatte über Innere Sicherheit an / Foto: © AFP

Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg mit fünf Toten und mehr als 200 Verletzten ist die Debatte über die Innere Sicherheit in Deutschland auch über die Feiertage weitergelaufen. Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) stellte eine Einigung auf verbleibende Teile des Sicherheitspakets in Aussicht. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte indes die AfD vor einer Instrumentalisierung der Tat im Wahlkampf zur vorgezogenen Bundestagswahl.

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"Wir müssen und wir können unsere Bevölkerung besser schützen", sagte Lindholz der "Rheinischen Post" von Dienstag. "Dafür braucht es jetzt ein starkes Sicherheitspaket, das unseren Behörden wirksame Befugnisse an die Hand gibt." Dazu zähle in erster Linie die Mindestspeicherfrist für IP-Adressen, die die Union seit vielen Jahren fordere, fuhr Lindholz fort. "Aber auch Befugnisse zur automatisierten Gesichtserkennung und zum Internetabgleich von Polizeidaten, die das verfassungsrechtlich Mögliche ausschöpfen, müssen wir regeln."

Zuvor hatte sich Faeser dafür ausgesprochen, noch ausstehende Gesetzentwürfe zur Inneren Sicherheit umgehend zu beschließen. Im "Spiegel" nannte Faeser das neue Bundespolizeigesetz, das die Bundespolizei stärken soll, sowie die "biometrische Erkennung von Gesichtern und Stimmen von Terrorverdächtigen, Mördern und Vergewaltigern, die von der Union im Bundesrat aufgehalten wurde".

"Wenn es Frau Faeser ernst meint, muss sie jetzt den Vermittlungsausschuss zum Sicherheitspaket anrufen", sagte Lindholz. "Dann besteht die Chance, in den verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl noch einen echten Fortschritt für die Sicherheit in unserem Land zu erzielen." Die Union fordere das seit Jahren. "Es waren SPD, Grüne und FDP, die hier nicht mitgezogen haben", sagte Lindholz weiter.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Dirk Wiese, sagte am Dienstag im Deutschlandfunk, er sei sehr offen für eine weitreichende Speicherung von IP-Adressen. Eine Vorratsdatenspeicherung sei aber schwierig. Mehrfach sei eine Einführung am Bundesverfassungsgericht gescheitert.

Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Konstantin von Notz, wies die Forderungen nach Einführung einer Vorratsdatenspeicherung zurück. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben) sagte er mit Blick auf den mutmaßlichen Attentäter von Magdeburg, es gebe offensichtlich ein Problem mit dem Teilen und Zusammenführen von Informationen. Es könne nicht sein, dass es einem Täter zum Vorteil gereiche, wenn er seine Aktivitäten auf mehrere Bundesländer verteile. "Man hat hier kein Defizit an Durchgriffsoptionen, man hat ein Handlungsdefizit."

Bundestags-Vizepräsident und FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki kritisierte Faeser für deren Forderung nach einer Gesetzesverschärfung: "Jedes Rufen nach härteren Gesetzen, vor allem von der Innenministerin, ist daher völlig fehl am Platz und soll wohl vom eigenen Versagen ablenken", sagte er der Zeitung "Welt". Faeser müsse sich nun "sehr unangenehmen Fragen stellen. In einem Rechtsstaat gibt es für behördliche Fehler immer einen, der Verantwortung trägt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein solches Ereignis ohne persönliche Konsequenzen bleibt."

Faeser appellierte an die AfD, den Anschlag vom vergangenen Freitag nicht für eigene Zwecke auszunutzen. "Zur AfD kann ich nur sagen: Jeder Versuch, eine solch furchtbare Tat zu instrumentalisieren und das Leid der Opfer zu missbrauchen, ist widerwärtig", sagte Faeser den Funke-Zeitungen. "Das zeigt nur den Charakter derer, die so etwas tun."

AfD-Chefin Alice Weidel hatte nach dem Anschlag von Magdeburg "echte Aufklärung" gefordert. "Wir wollen, dass sich endlich etwas ändert in diesem Land und dass wir nie wieder mit einer Mutter trauern müssen, die auf so sinnlose und brutale Weise ihren Sohn verloren hat", sagte sie am Montag bei einer Kundgebung in der Hauptstadt Sachsen-Anhalts.

Der FDP-Politiker Kubicki sieht auch bei Politik und Behörden eine Mitverantwortung für den Anschlag. "Wenn sich schon Gerichte mit dieser Person und ihren konkreten Anschlagsfantasien auseinandergesetzt haben, dann kann man nicht erst einmal so tun, als wäre es ein harmloser Mensch von nebenan", sagte Kubicki.

Bei dem Anschlag am Freitagabend waren fünf Menschen getötet und rund 200 weitere verletzt worden. Mehreren Medienberichten zufolge wurde indes auch Strafanzeige gegen die Polizei und die Stadtverwaltung gestellt. Im Fokus steht dabei das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt.

(U.Beriyev--DTZ)

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