Beweismaterial im Missbrauchsfall Lügde bei Polizei verschwunden
Im Zuge der Ermittlungen wegen des mehr als tausendfachen Kindesmissbrauchs auf einem nordrhein-westfälischen Campingplatz sind bei der Polizei Beweismittel verschwunden. Es handele sich um 155 Datenträger, teilte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstagabend in Düsseldorf mit. Die Beweisstücke werden demnach bei der Polizei im Kreis Lippe vermisst. Reul sprach angesichts der Vorgänge von einem "Desaster" und setzte Sonderermittler ein.
Reul zufolge befanden sich die Datenträger in einem Aluminiumkoffer in und einer Hülle bei der Kriminalpolizei in Detmold. Der entsprechende Raum soll demnach unzureichend gesichert gewesen sein. Wegen des verschwundenen Beweismaterials setzte Reul fünf Beamte des Landeskriminalamtes als Sonderermittler ein.
Die Gesamtermittlungen im Aufsehen erregenden Fall Lügde sollen durch die verschwundenen Daten aber nicht bedroht sein. Auf den vermissten CDs und DVDs können sich demnach maximal 0,7 Terabyte Daten befinden. Beschlagnahmt hatten die Ermittler im Fall Lügde aber insgesamt 15 Terabyte Daten.
Die Missbrauchsserie auf dem Campingplatz "Eichwald" in Lügde war am 30. Januar bekannt geworden. Nach derzeitigem Ermittlungsstand wurden auf dem Campingplatz über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren mindestens 31 Kinder missbraucht. Die meisten der 27 Mädchen und vier Jungen waren zur Tatzeit zwischen vier und 13 Jahre alt.
Drei Hauptverdächtige in dem Fall sitzen in Untersuchungshaft. Sie stammen aus Lügde, dem niedersächsischen Stade sowie aus Steinheim im nordrhein-westfälischen Kreis Höxter. Neben den Ermittlungen wegen schweren sexuellen Missbrauchs gehen Staatsanwaltschaft und Polizei in dem Fall auch dem Verdacht der Verbreitung von Kinderpornografie nach.
Zudem ermittelt das Polizeipräsidium Bielefeld wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt gegen Polizeibeamte und wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorgepflicht gegen Mitarbeiter von Jugendämtern. Hintergrund ist, dass einem 56-jährigen Tatverdächtigen 2016 ein damals fünfjähriges Pflegekind anvertraut wurde, an dem er sich ebenfalls vergangen haben soll.
(O.Tatarinov--DTZ)