OVG Berlin-Brandenburg: Bundesregierung muss Luftreinhalteprogramm verbessern
Im Kampf für saubere Luft muss die Bundesregierung nachbessern. Das Nationale Luftreinhalteprogramm muss teilweise verändert werden, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Dienstag entschied. Einige der Maßnahmen beruhten auf alten Daten, Änderungen seien nicht berücksichtigt worden. Die Regierung kann gegen das Urteil aber noch vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vorgehen.
Mit dem Luftreinhalteprogramm sollen die Verpflichtungen zur Reduktion von bestimmten Schadstoffen - darunter Ammoniak, Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid - umgesetzt werden. Beschlossen wurde es im Jahr 2019 und im Mai 2024 aktualisiert. Aus Sicht der Klägerin, der Deutschen Umwelthilfe (DUH), reichte das aber nicht aus. Das sah das Gericht nun in Teilen genauso.
Die zugrunde liegende Prognose sei fehlerhaft, erklärte es. Teilweise seien nicht die aktuellsten Daten eingestellt worden. Außerdem seien Veränderungen der Planung nicht berücksichtigt worden, etwa die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes. Darin würden Holzpelletheizungen erlaubt - diese verschmutzten aber die Luft stärker mit Feinstaub. Ebenfalls nicht berücksichtigt seien in der Prognose Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude.
Bei der Berechnung der Folgen des Kohleausstiegs werde noch davon ausgegangen, dass bis Ende 2029 alle Kohlekraftwerke vom Netz gingen. Beim Verkehr würden die Folgen der Euro-7-Abgasnorm zu positiv eingeschätzt, denn diese lege entgegen der im Programm berücksichtigten Planung weniger strenge Grenzwerte fest. Außerdem sei die staatliche Förderung für Elektroautos einbezogen, die aber inzwischen gestoppt sei.
Das Gericht kritisierte auch, dass der Projektionsbericht über die vorhergesagte Entwicklung der Treibhausgasemissionen aus dem Jahr 2021 berücksichtigt worden sei, nicht aber der aus dem Jahr 2023. Die Bundesregierung sei verpflichtet, das Luftreinhalteprogramm zu ändern. Mit den Maßnahmen müssten die Ziele eingehalten werden, zu denen sich Deutschland verpflichtet habe.
Die Umwelthilfe zeigte sich erfreut über das Urteil. Sie werde nun "die seit neun Jahren überfällige technische Nachrüstung von acht Millionen Dieselfahrzeugen mit bis zu 40-fach überhöhten Abgaswerten durchsetzen, alternativ deren Stilllegung – auf Kosten der des Betrugs bereits überführten Dieselkonzerne", kündigte ihr Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch an. Die DUH forderte außerdem eine Filterpflicht für Holzheizungen und Baumaschinen, ein Tempolimit und niedrigere Zahlen in der Massentierhaltung.
Eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums erklärte, das Gericht habe "die Komplexität der Prognosen und den damit einhergehenden Aufwand für die Erstellung und Aktualisierung anerkannt und festgestellt, dass eine Aktualisierung nicht immer erforderlich ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt". Die Bundesregierung werde das Urteil umfassend prüfen. Nach Angaben der EU-Kommission sterben durch Luftverschmutzung jedes Jahr 300.000 Menschen in Europa frühzeitig.
(V.Sørensen--DTZ)