TÜV soll in Brustimplantate-Skandal drei Millionen Euro Entschädigung zahlen
Im Skandal um fehlerhafte Brustimplantate aus Frankreich hat ein Gericht bei Paris den TÜV Rheinland zu einer Entschädigung in Höhe von rund drei Millionen Euro verurteilt. Der TÜV kündigte am Donnerstagabend umgehend Berufung gegen das Urteil an. Der Überwachungsverein hatte über Jahre hinweg mangelhafte Silikonkissen mit einem Gütesiegel versehen und soll deshalb Schadenersatz an 400 Klägerinnen aus Schweden zahlen.
Das Gericht in Nanterre westlich von Paris sprach jeder der Frauen 4600 Euro Schmerzensgeld zu sowie 2960 Euro für die Operationen zur Entfernung der schadhaften Implantate - also insgesamt rund drei Millionen Euro.
Der TÜV Rheinland erklärte in Köln, das Zivilgericht habe die Klage von insgesamt 44 weiteren Frauen zurückgewiesen. Sie hätten mehrheitlich nicht nachweisen können, dass sie vom TÜV zertifizierte Implantate aus französischer Herstellung getragen hätten. Eine der Frauen habe ihre Silikonkissen außerhalb der EU erhalten.
Der Opferverband Pipa begrüßte das "insgesamt fünfte Urteil" gegen den TÜV. Einziger Wermutstropfen sei, dass die Opfer wegen der Berufung bis zu ihrer Entschädigung voraussichtlich "weitere zwei oder drei Jahre" warten müssten, sagte Pipa-Anwalt Olivier Aumaître.
Der TÜV hatte die Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implants Prothèses (PIP) zwischen 1997 und 2010 mit dem europäischen CE-Qualitätssiegel versehen. Dann stellte sich heraus, dass der Produzent ein minderwertiges Industrie-Gel für die Silikonkissen nutzte.
Nach zahlreichen Beschwerden über gerissene und undichte Implantate sowie Entzündungen infolge der Billigkissen stoppten die französischen Behörden Herstellung und Vertrieb. Der TÜV betont, die Mängel seien für ihn nicht erkennbar gewesen.
Erst im Oktober hatte der Pariser Kassationshof in einem anderen Fall einen neuen Prozess gegen den TÜV Rheinland angeordnet. Das oberste französische Gericht hob ein Urteil der Vorinstanz auf, die den Überwachungsverein freigesprochen und eine Schmerzensgeld-Forderung von Frauen in Höhe von fast sechs Millionen Euro abgewiesen hatte.
Der Kassationshof betonte, der Überwachungsverein habe eine "Pflicht zur Wachsamkeit" und müsse die Produkte und die Unterlagen eines Herstellers eingehend untersuchen - auch mit Hilfe unangemeldeter Besuche.
Das Handelsgericht im südfranzösischen Toulon hatte erst im vergangenen Jahr 20.000 Klägerinnen insgesamt rund 60 Millionen Euro zugesprochen. Auch dagegen hat der TÜV Berufung eingelegt.
Die fehlerhaften Implantate waren knapp einer Million Frauen weltweit eingesetzt worden. Die Zahl der Opfer beläuft sich auf rund 400.000.
(A.Nikiforov--DTZ)