Wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Organspenden erwartet
Der Bundesgerichtshof (BGH) muss eine vermutlich wegweisende Entscheidung für die Organspende in Deutschland treffen. In einem Verfahren vor dem BGH ging es am Dienstag darum, unter welchen Voraussetzungen Ärzte für Folgeschäden bei Lebendorganspenden haften. Die Bundesrichter befassten sich mit den Schadenersatzklagen zweier Organspender, die den Ärzten eine ungenügende Aufklärung vorwerfen. Wann ein Urteil fällt, blieb zunächst unklar. (Az. VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17)
In einem Fall spendete eine Tochter ihrem Vater eine Niere, in dem anderen ein Mann seiner Ehefrau ebenfalls eine Niere. Die Spender leiden seither nach eigenen Angaben unter anderem an chronischer Erschöpfung. Sie werfen den Ärzten vor, sie nicht ausreichend aufgeklärt zu haben. Die Klagen blieben in den Vorinstanzen erfolglos. Das Oberlandesgericht Hamm stellte in den Berufungsverfahren zwar Fehler bei der Aufklärung fest. Es nahm aber an, dass die Kläger auch bei korrekter Aufklärung der Organspende zugestimmt hätten.
In dem Verfahren geht es um die Organspende von Lebenden, die im Transplantationsgesetz genau geregelt ist. Zulässig ist eine etwa die Spende einer Niere nur zwischen Menschen, die sich sehr nahestehen. Organe können also etwa an Eltern, Geschwister oder Ehepartner gespendet werden. Das Gesetz schreibt den Ärzten zudem auch eine Aufklärung über mögliche Folgen vor. Es ist dazu unter anderem vorgesehen, dass bei einem Aufklärungsgespräch ein zweiter Arzt anwesend sein muss.
Der zuständige BGH-Zivilsenat bezweifelte in der mündlichen Verhandlung, dass in den beiden Fällen alle Anforderungen an die Aufklärung der Organspender eingehalten wurden. Rechtlich entscheidend dürfte daher die Frage sein, ob eine sogenannte hypothetische Einwilligung angenommen werden kann. Dabei geht ein Gericht davon aus, dass die Spender auch bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Organspende eingewilligt hätten.
Die Klägerseite vertrat in der Verhandlung die Auffassung, dass eine hypothetische Einwilligung bei einer Lebendorganspende eigentlich gar nicht anwendbar sein sollte. Dafür sei der Spender emotional zu eng mit dem Empfänger des Organs verbunden. Der Anwalt der Ärzte machte dagegen geltend, dass diese Möglichkeit denkbar bleiben müsse. Es gehe nicht darum, ob es diese hypothetische Einwilligung geben könne, sondern wie sie vor Gericht angewandt werden müsse. Dabei gehe es auch darum, der Gefahr von Missbrauch zu begegnen.
(N.Loginovsky--DTZ)