Bundesgerichtshof: Frau-zu-Mann-Transsexueller ist für Kind die Mutter
Wenn ein Frau-zu-Mann-Transsexueller ein Kind zur Welt bringt, ist er für das Kind rechtlich die Mutter. Das gilt auch, wenn er rechtlich bereits als Mann anerkannt ist, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss entschied. Danach sind "Mutterschaft und Vaterschaft als rechtliche Kategorien nicht beliebig untereinander austauschbar". (Az: XII ZB 660/14)
Der Transsexuelle war 2008 noch als Frau mit einem Mann eine Ehe eingegangen. Zwei Jahre später ließ er aber seine Vornamen in männliche Namen ändern und wurde 2011 rechtskräftig als Mann anerkannt. Um wieder fruchtbar zu werden, setzte er nach dieser Anerkennung die Hormone ab. Im Februar 2013 wurde er geschieden, im März 2013 gebar er einen Sohn – nicht von seinem Exmann, sondern per sogenannter Bechermethode von einem Samenspender. In das Geburtenregister und die Geburtsurkunden des Kinds wollte sich der Transsexuelle als Vater eintragen lassen. Das Standesamt war sich unsicher, ob dies möglich ist und fragte bei den Gerichten an.
Vom Amtsgericht Berlin-Schöneberg über das Kammergericht Berlin bis nun zum BGH kam ein einheitliches Nein: Ein Frau-zu-Mann-Transsexueller, der ein Kind zur Welt bringt, ist demnach für dieses Kind die Mutter.
Zur Begründung erklärten nun die Karlsruher Richter, die Anerkennung eines Frau-zu-Mann-Transsexuellen als Mann beziehe sich auf das Verhältnis zum Staat. Laut Transsexuellengesetz bleibe davon "das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern allerdings unberührt". Das gelte auch für Kinder, "die erst nach der Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechtszugehörigkeit geboren worden sind".
Der BGH entschied, "dass der biologisch durch Geburt oder Zeugung festgelegte rechtliche Status als Mutter oder Vater des Kinds einer Veränderung nicht zugänglich ist". Der Gesetzgeber habe gewollt, dass Kinder auch rechtlich eine Mutter und einen Vater haben und so ihre Abstammung "nicht im Widerspruch zu den biologischen Tatsachen auf zwei rechtliche Mütter oder Väter zurückgeführt wird". Das sei wichtig für das Kind, ebenso aber auch für die an Mutterschaft und Vaterschaft gebundenen Folgen, etwa im Sorgerecht.
Weiter entschied der BGH, dass für die Eintragung in das Geburtenregister die früheren weiblichen Vornamen der Mutter zu verwenden seien. Das erlaube dem Kind später einen Nachweis seiner Herkunft, ohne die Transsexualität eines Elternteils offenlegen zu müssen. (Y.Ignatiev--DTZ)